"Ich danke Ihnen allen, dass Sie uns in unserem schwierigen Kampf für die Freiheit helfen, für die Hilfe in diesem Krieg, den Russland in unser Land gebracht hat", richtete sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag vor dem Parlament in Kopenhagen an die Däninnen und Dänen, nachdem der Nato-Staat die Lieferung von 19 F-16-Kampfjets an Kiew zugesagt hatte. In der Vorwoche hatten die USA als Produktionsland der F-16 nach monatelanger Zurückhaltung grünes Licht für die Lieferung gegeben, die andere Nato-Staaten schon längere angestrebt hatten. Im Sommer hatte sich innerhalb der Nato eine von Dänemark und den Niederlanden angeführte Koalition gebildet, um ukrainische Piloten für die Nutzung der F-16 auszubilden.
Auch die Niederlande kündigten die Lieferung von 42 Stück an (allerdings sollen derzeit nur 24 davon einsatzbereit sein). Die ersten Flieger sollen um den Jahreswechsel geliefert werden. Im Verbund mit der vom Westen bereits gelieferten Flugabwehr sollen die von Kiew schon lange geforderten Flugzeuge Teil des Schutzschildes gegen russische Angriffe werden.

Der Luftraum gilt als Schwachstelle im Abwehrkampf der Ukrainer. Die F-16 seien zwar auch kein "Gamechanger", aber sie würden der Ukraine ermöglichen, ihren Luftraum nachhaltig gegen russische Eindringlinge zu schützen, sagte Militärexperte Gustav Gressel in einem Interview mit der "Welt". Bei den derzeit von der Ukraine eingesetzten Fliegern handelt es sich um Modelle sowjetischer Bauart; abnehmende Stückzahlen, technische Schwächen und die immer schwierigere Verfügbarkeit von Munition seien zu einem Problem geworden, das die Planbarkeit – etwa von Patrouillenflügen – erschwert. Diese seien aber nötig, vor allem um sich vor zum Winter hin erwartete erneute russische Raketenangriffe, zum Beispiel auf die Elektrizitätsinfrastruktur, zu schützen.

"Schneller Lernprozess"

Was die Dutzenden F-16 für die Dynamik im Krieg insgesamt bedeuten, könne man aus jetziger Sicht noch nicht sagen, meint Gerfried Promberger, Kommandant der österreichischen Luftstreitkräfte, im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: "Die F-16 ist eine Trägerplattform. Solange wir nicht wissen, was mitgeliefert wird – Aufklärungspods, Zielbeleuchtungspods (Behälter, die sich unter den Tragflächen befinden, Anm.), welche Waffen – kann man das nicht seriös beantworten." Um den Russen die Vorbereitung zu erschweren, ergebe militärische Geheimhaltung hier Sinn, so Promberger. "Ich werde meinem Gegner nicht sagen, ob ich Aufklärung, Feuerunterstützung aus der Luft oder sonst was mache." Promberger glaubt aber an einen schnellen Lernprozess im Einsatz der Flieger und dass man sie sehr dynamisch einsetzen werde. Vorauszusagen in welchem Spektrum wäre aber "Kaffeesudlesen".

"Russland hat schon eskaliert"

Moskau reagierte ähnlich wie bei allen bisher beschlossenen Lieferungen neuer Waffensysteme und Munition durch den Westen und sprach von einer "weiteren Eskalation des Konflikts". Der russische Botschafter in Kopenhagen, Wladimir Barbin, warf Dänemark vor, "der Ukraine keine andere Wahl zu lassen, als die militärische Konfrontation mit Russland fortzusetzen". Dies stoße die Ukraine jedoch "in den Abgrund". Russlandexperte Gerhard Mangott sagte am Sonntag in der ZiB 2: "Es ist Tatsache, dass Russland nicht mehr sehr viele Möglichkeiten hat, militärisch zu eskalieren – es hat das schon getan". Zwar könne Moskau theoretisch mit Atomwaffen eskalieren, "aber ein Auslöser dafür wäre die Lieferung von westlichen Kampfflugzeugen ganz sicher nicht". Kiew darf die Jets nur auf eigenem Territorium einsetzen: "Wir spenden Waffen unter der Bedingung, dass sie eingesetzt werden, um den Feind aus dem Gebiet der Ukraine zu vertreiben. Und nicht darüber hinaus", betonte der dänische Verteidigungsminister Jakob Ellemann-Jensen.

Diskussion um Taurus-Marschflugkörper

In Deutschland, bisher zwar beständig, aber zögerlich mit Militärunterstützung – hat die jüngste Zusage Dänemarks und der Niederlande die Diskussion um eine mögliche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern (mit denen auch die F-16 bestückt werden kann) neu angeheizt. CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter, der derzeit in Kiew weilt, forderte eine rasche Lieferung, "damit die russischen Versorgungswege abgeschnitten werden". Die deutsche Zurückhaltung habe Russland bisher "immer brutal ausgenutzt". Der deutsche Finanzminister Christian Lindner zeigte sich zuletzt offen für eine mögliche Lieferung.