Bei den Präsidentschaftswahlen in Guatemala hat sich der Mitte-links-Kandidat Bernardo Arevalo am Sonntag in einer Stichwahl gegen die ehemalige First Lady Sandra Torres durchgesetzt. Nach Auszählung von 94 Prozent der Stimmen lag Arevalo mit 59 Prozent uneinholbar vor Torres mit 36 Prozent, wie aus dem vorläufigen Wahlergebnis hervorgeht. Die Organisation Amerikanischer Staaten erklärte, die Wahlen seien nach Angaben der 86 Wahlbeobachter vor Ort reibungslos verlaufen.
Bei Schließung der Wahllokale gab es keine Berichte über Gewalt oder Unruhen. Der konservative Amtsinhaber Alejandro Giammattei versprach einen geordneten Machtwechsel. Das Ergebnis könnte in Guatemala nach den weit verbreiteten Korruptionsvorwürfen und dem schleichenden Autoritarismus der vergangenen Jahre eine neue Ära einläuten. Das Land ist geprägt von Gewalt und Ernährungsunsicherheit. Guatemalteken stellen inzwischen die größte Zahl der Zentralamerikaner, die in die USA einreisen wollen.
Staatsanwaltschaft wollte Aufstieg stoppen
Rund 9,4 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, den Nachfolger des konservativen Staats- und Regierungschefs Giammattei zu bestimmen. Dieser durfte nach einer vierjährigen Amtszeit laut Gesetz nicht erneut antreten. Der Wahlprozess war von Versuchen der politischen Elite und der Generalstaatsanwaltschaft überschattet, den Aufstieg des Anti-Korruptionskämpfers Arevalo mit juristischen Mitteln zu stoppen. Die Europäische Union äußerte sich darüber besorgt.
Überraschend zweitstärkster Kandidat
Im Juni war der 64-jährige Arevalo von der Partei Movimiento Semilla (Bewegung Saatkorn) unerwartet zweitstärkster Kandidat im ersten Wahlgang geworden. Den ersten Platz belegte die 67-jährige Torres von der Partei Nationale Einheit der Hoffnung (UNE). Bei den vergangenen beiden Wahlen war Torres jeweils in der Stichwahl gescheitert.