Der am Mittwoch ermordete ecuadorianische Präsidentschaftskandidat Fernando Villavicencio galt als entschlossener Kämpfer gegen Korruption und organisierte Kriminalität. Er kam bis zu seinem Tod im Alter von 59 Jahren vielen Mächtigen in die Quere – darunter auch Staatspräsident Guillermo Lasso und dessen Vorgänger Rafael Correa.
Aufopferungsvoller investigativ Journalist
Villavicencio, am 11. Oktober 1963 als ältestes von sechs Kindern in der Andenstadt Alausí im Süden Ecuadors geboren, arbeitete zunächst als Kellner. In einem seiner ersten Jobs im Kommunikationsbereich kam er früh mit der mächtigen Ölindustrie in Kontakt und begann über die negativen Auswirkungen der Erdölförderung zu recherchieren.
Anschließend arbeitete er als Investigativ-Journalist und floh nach einem Urteil wegen Beleidigung des damaligen Präsidenten Correa einige Zeit in den Amazonasdschungel und später ins Exil nach Peru, um einer Haftstrafe zu entgehen. Unter der Folgeregierung kehrte er nach Ecuador zurück und zog als Abgeordneter ins Parlament ein. Dort hatte er den Vorsitz der Aufsichtskommission inne, die zu Beginn des Jahres die Amtsenthebung von Präsident Lasso wegen eines mutmaßlichen Korruptionsfalls forderte. Noch wenige Tage vor seinem Tod hatte Villavicencio Unregelmäßigkeiten bei Staatsverträgen kritisiert.
Der Vater von fünf Kindern trat im heurigen Präsidentschaftswahlkampf für die zentristische Bewegung "Construye" an. In der Woche vor seinem Tod hatte Villavicencio mehrmals über "ernste" Drohungen gegen ihn und sein Wahlkampfteam geklagt – und stand deshalb unter Polizeischutz. Villavicencio erklärte, eine Drohung des Anführers der kriminellen Bande "Los Choneros" bekommen zu haben, der derzeit im Gefängnis sitzt. Die Gruppe steht mit dem organisierten Drogenhandel in Verbindung.
Drei Schüsse in den Kopf
Nach einer Wahlkampfveranstaltung am Mittwoch in der Hauptstadt Quito wurde er beim Einsteigen in ein Auto erschossen. Laut Medienberichten wurde er dreimal in den Kopf getroffen. Angehörige und Anhänger konnten sich nach den tödlichen Schüssen nicht erklären, wieso die Polizei ihn nicht schützen konnte. "Wir haben die Treffen im Allgemeinen an geschlossenen Orten organisiert, gerade wegen der Gefahr, in der der Kandidat schwebte", sagte Villavicencios Freund Carlos Figueroa nach dem Attentat.
"Fernando, der Tapfere. Fernando wird ewig leben", sangen die sichtlich bestürzten Anhänger des Präsidentschaftskandidaten am Mittwochabend, forderten "Gerechtigkeit" und skandierten "Correa, Verbrecher". Der frühere linksgerichtete Präsident lebt derzeit im Exil in Belgien. Er wurde 2020 in Abwesenheit wegen Bestechlichkeit verurteilt. Die Präsidentschaftskandidatin Luisa González, die in den Umfragen im Vorfeld der Wahl am 20. August führt, gilt als Correa nahestehend.