Großbritannien hat ein Abkommen mit der Türkei zur Bekämpfung sogenannter illegaler Migration geschlossen. Wie das britische Innenministerium am Dienstagabend mitteilte, beinhaltet der Deal ein Kompetenzzentrum, das von der türkischen Polizei eingerichtet werden soll und unter anderem einen erleichterten Datenaustausch vorsieht, um die Lieferketten von Booten und Bootszubehör zu unterbrechen.
Schlauchboote stammen hauptsächlich aus der Türkei
Einem Bericht der Zeitung "Sunday Times" zufolge geht die britische Kriminalpolizei davon aus, dass die Mehrheit der Schlauchboote in der Türkei hergestellt und mit Motoren aus China ausgestattet werden. Kriminelle würden sie dann in deutschen Lagerhallen aufbewahren und später an die französische oder belgische Küste bringen.
Das deutsche Bundeskriminalamt teilte dazu auf Anfrage mit, eine Vielzahl von Schlepperorganisationen nutze Schlauchboote, um Migrantinnen und Migranten illegal von Frankreich oder Belgien nach Großbritannien zu schleusen. "Mit solchen Versuchen, den Ärmelkanal zu überqueren, sind bekanntermaßen erhebliche Gefahren für das Leben der Migranten verbunden."
"Wie ich bereits deutlich gemacht habe, müssen wir alles uns Mögliche tun, um die Schlepperringe zu zerschlagen und die Boote aufzuhalten", erklärte Innenministerin Suella Braverman. "Unsere Partnerschaft mit der Türkei, einem engen Freund und Verbündeten, wird es unseren Strafverfolgungsbehörden erlauben, bei diesem internationalen Problem zusammenzuarbeiten und mit der logistischen Kette der kleinen Boote fertig zu werden", fuhr Braverman fort. Dem Innenministerium zufolge bekräftigten die beiden Länder ihr Engagement zur Zusammenarbeit in diesem Bereich und zur Verstärkung der Kooperation mit Herkunfts- und Transitländern.
Kostenfrage muss noch geklärt werden
Der neue Plan wird bei dem kommenden Dialogtreffen zu Migration zwischen Großbritannien und der Türkei eine Rolle spielen, das demnächst in London stattfinden soll. Wie viel Geld das Abkommen mit der Türkei London kostet, wollte der Staatsminister für Migration, Robert Jenrick, am Mittwoch nicht sagen. Es handle sich vor allem um den Austausch von Informationen und Aufklärung, sagte er im TV-Sender GB News.
"Die Schleuserorganisationen kaufen, soweit bekannt ist, über Mittelsmänner in den angrenzenden EU-Staaten kleine gebrauchte oder neuwertige Boote, Schlauchboote und Bootsmotoren in öffentlich zugänglichen Fachgeschäften oder erwerben diese über Online-Plattformen bei Privatpersonen", heißt es vom deutschen Bundeskriminalamt. "Zudem werden zunehmend auch solche Schlauchboote genutzt, die vermutlich eigens für Schleusungszwecke in der Türkei produziert und anschließend nach Europa verbracht werden. Deutschland ist hierbei sowohl Transitland als auch Zwischenlagerungsort. Eine Vielzahl der Schleuser betätigt sich zudem in Camps in Nordfrankreich." Das Bundeskriminalamt arbeite eng mit den britischen, französischen, niederländischen und belgischen Behörden sowie mit Europol zusammen.
Die britische Regierung will Migrantinnen und Migranten mit drastischen Gesetzen abschrecken. Sie drohte gerade mit lebenslanger Haft für Anwälte, die Menschen bei der Fälschung von Asylanträgen helfen. Die Zahl sogenannter irregulär eingereister Menschen war im vergangenen Jahr auf 45.000 gestiegen, obwohl konservative Kräfte angekündigt hatten, mit dem Brexit werde die Migration abnehmen. Allerdings gibt es kein Rücknahmeabkommen mehr mit der EU.