Angesichts der drohenden militärischen Eskalation im Niger ist US-Vizeaußenministerin Victoria Nuland überraschend in die Hauptstadt des westafrikanischen Landes gereist. Sie halte sich in Niamey auf, sagte Nuland am Montagabend (Ortszeit) in einem telefonischen Briefing. Sie sei mit Spitzenvertretern der Junta zusammengetroffen und habe "klargemacht, was in unserer Beziehung zum Niger auf dem Spiel steht". Die USA würden auf eine Verhandlungslösung im Niger drängen.

Die Gespräche seien "außerordentlich offen und teilweise schwierig" gewesen, sagte Nuland. Sie sei mit dem neuen Stabschef der Streitkräfte, Moussa Salao Barmou und drei weiteren Junta-Mitgliedern zusammengetroffen. Ein Treffen mit dem selbsterklärten Präsidenten Abdourahamane Tiani sei ihr aber ebenso verweigert worden wie eines mit dem abgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum. Mit letzterem habe sei aber telefonieren können. Die Treffen hätten "die Tür geöffnet für weitere Gespräche", so Nuland. US-Außenminister Antony Blinken sagte dem französischen Senders RFI, Diplomatie sei der bevorzuge Weg, die Situation zu lösen. Das sei der Ansatz der ECOWAS. "Das ist auch unser Ansatz", betonte Blinken.

Ultimatum ausgelaufen

Nulands Besuch erfolgte wenige Stunden nach dem Auslaufen eines Ultimatums der westafrikanischen Staatengemeinschaft ECOWAS an die Putschisten, die verfassungsgemäße Ordnung wiederherzustellen. Die von Nigeria angeführte Staatengemeinschaft hatte mit einem militärischen Eingreifen gedroht, sollte die Junta der Forderung nicht nachkommen. Die Staats- und Regierungschefs der ECOWAS-Staaten sollen nun am Donnerstag in Nigerias Hauptstadt Abuja zusammenkommen, um über die weiteren Schritte zu beraten.

Die Junta hat die Unterstützung der Nachbarstaaten Mali und Burkina Faso, deren Mitgliedschaft in der ECOWAS suspendiert wurde. Der malische Außenminister Abdoulaye Diop warnte eindringlich vor einer Militäraktion der ECOWAS zum Sturz der Putschisten. "Die militärische Gewalt, die in anderen (...) Ländern angewandt wurde, wir sehen die Ergebnisse - es ist eine Katastrophe", sagte Diop am Montag und verwies auf den Irak und Libyen. Auch Algerien hat sich klar gegen eine militärische Intervention im Niger ausgesprochen. Dagegen stellte sich die Europäische Union hinter ECOWAS.

Versuch, Macht zu festigen

Unterdessen versuchten die Putschisten ihre Macht durch die Ernennung eines Ministerpräsidenten zu festigen. In einer am späten Montagabend im Fernsehen verlesenen Erklärung nannte ein Sprecher der Militärjunta den Ökonomen Ali Mahaman Lamine Zeine als neuen Premierminister. Lamine Zeine war früher mehrere Jahre im Kabinett des 2010 gestürzten Ex-Präsidenten Mamadou Tandja Wirtschafts- und Finanzminister und arbeitete zuletzt nach einem nigrischen Medienbericht als Ökonom für die Afrikanische Entwicklungsbank im Tschad.

In dem bitterarmen Land mit rund 26 Millionen Einwohnern hatte Ende Juli das Militär den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum entmachtet und die Verfassung außer Kraft gesetzt. Unter Bazoum war der Niger einer der letzten strategischen Partner des Westens im Kampf gegen den Vormarsch islamistischer Terroristen in der Sahelzone gewesen.