Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) und ihre Schweizer Amtskollegin Viola Amherd haben am Freitag in Bern eine Absichtserklärung zum Beitritt zum "European Sky Shield" unterzeichnet. Damit sind Österreich und die Schweiz Teil des von Deutschland initiierten Luftverteidigungssystems. Beide Länder sehen durch den Beitritt keinen Bruch ihrer Neutralität. Einer Umfrage zufolge ist auch die Mehrheit der Österreicher dafür. Die FPÖ forderte indes eine Volksabstimmung.
Unterzeichnung im Rahmen von DACH-Treffen
Die Unterzeichnung der Absichtserklärung zum "Sky Shield" fand im Beisein des deutschen Verteidigungsministers Boris Pistorius und im Rahmen eines trilateralen D-A-CH-Treffens statt. Die Schweiz hat derzeit den Vorsitz in diesem Drei-Länder-Forum inne, das sich regelmäßig trifft. In einer Zusatzerklärung wurde festgehalten, dass die "besonderen verfassungsrechtlichen Gegebenheiten" Österreichs und der Schweiz berücksichtigt werden.
Die "European Sky Shield Initiative" (ESSI) ging vom EU- und NATO-Land Deutschland aus und umfasst nun 19 Länder. Sie bezweckt, Beschaffungsvorhaben zur bodengestützten Luftverteidigung besser zu koordinieren und allenfalls zu bündeln. Auch der Informationsaustausch soll erleichtert werden. Beteiligt sind außer Deutschland seit der Gründung der Initiative im Oktober des Vorjahres die NATO-Mitglieder Großbritannien, Slowakei, Lettland, Ungarn, Bulgarien, Belgien, Tschechien, Finnland, Litauen, Niederlande, Rumänien, Slowenien, Estland sowie Norwegen. Im Februar schlossen sich auch Dänemark und der NATO-Beitrittskandidat Schweden dem Projekt an.
Nicht bei der deutschen Initiative sind etwa Frankreich, Italien, Spanien, Polen und Kroatien. Paris missfällt, dass dabei nichteuropäische Technologie eingekauft werden soll. Angedacht ist der Kauf von US-amerikanischen Patriot-Systemen sowie dem israelischen Raketenabwehrsystem Arrow 3. Frankreich und Italien wollen das gemeinsam von ihnen entwickelte System SAMP/T benutzen. Auch Polen beschafft andere Systeme wie das britische System CAMM. Polen war bereits direkt von einem Raketenbeschuss betroffen. Bei der Explosion eines ukrainischen Querschlägers Mitte November 2022 starben zwei Menschen. Auch in Kroatien gab es einen Vorfall: Eine Militärdrohne stürzte im März 2022 in Wohngebiet nahe des Stadtzentrums von Zagreb.
Sky Shield soll Lücken schließen
"Sky Shield" soll vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine helfen, bestehende Lücken im derzeitigen Schutzschirm für Europa zu schließen. Bereits 2024 soll ein Schutz vor Raketen und Geschossen kleiner und mittlerer Reichweite geboten und 2025 der ganze Schirm aufgespannt werden. Tanner bezeichnete diesen Zeitplan gegenüber der APA als "ambitioniert".
Laut einer OGM-Umfrage für Servus-TV befürworten 52 Prozent der Österreicher den Beitritt zu "Sky Shield", 31 Prozent sind dagegen. 45 Prozent sehen den Beitritt Österreichs mit der Neutralität vereinbar und 39 Prozent sagen jedoch, die Neutralität Österreichs würde dadurch gebrochen werden, wie der Sender in einer Aussendung mitteilte. Dennoch fordert FPÖ-Parteiobmann Herbert Kickl eine Volksabstimmung über die Teilnahme Österreichs am "Sky Shield".