Russland hat das Schwarzmeer-Getreideabkommen vorerst gestoppt. Das Abkommen werde nach seinem Auslaufen am heutigen Montag, 24.00 Uhr nicht verlängert, teilte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow mit. Er begründete den Schritt damit, dass die Forderungen Russlands nach einer Lockerung der westlichen Wirtschaftssanktionen wegen des Ukraine-Krieges nicht erfüllt worden seien.
Sobald alle russischen Forderungen für den Export seines eigenen Getreides erfüllt seien, kehre Moskau wieder zur Erfüllung der Vereinbarung zurück, betonte Peskow weiter. Eine Sprecherin des russischen Außenministeriums teilte mit, dass die Türkei und die Ukraine bereits über die Entscheidung informiert worden seien.
Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was steht im Getreideabkommen?
Nach Beginn des Krieges in der Ukraine wurden zunächst Getreideausfuhren aus ukrainischen Häfen blockiert. Nach Vermittlung der Türkei unterzeichneten die beiden Kriegsparteien im Juli 2022 das Abkommen, das Auslieferungen von Lebensmitteln aus gewissen ukrainischen Häfen erlaubt. Laut Zahlen des Magazins "Politico" sollen bis Ende Oktober mehr als 400 Schiffe rund 9,5 Millionen Tonnen Getreide aus der Ukraine in die Welt geliefert haben. Ein Jahr nach dem Abkommen, am Montag, dem 17. Juli, läuft die Vereinbarung aus.
Wie wirtschaftlich relevant ist das Getreideabkommen?
Rund 60 Prozent der ukrainischen Exporte stammen aus der Landwirtschaft. Im Vorjahr wurden dadurch knapp 24 Milliarden US-Dollar eingenommen. Mittlerweile hat die Ukraine jedoch begonnen, seine Auslieferungen stärker zu diversifizieren. 40 Prozent der Getreideauslieferungen finden bereits über Donauhäfen statt, 30 Prozent über den deutlich teureren Landweg. Dazu kommen 30 Prozent von geplanten Lieferungen, die nach wie vor über die blockierten Häfen abgewickelt werden sollen.
Welche Auswirkungen hat ein Stillstand des Abkommens?
Die UNO zeigt sich über ein drohendes Ende des Getreideabkommens besorgt. Schließlich sei das von der Ukraine und Russland unterzeichnete Getreideabkommen "sehr wichtig für die Lebensmittelsicherheit und für Entwicklungsländer im globalen Süden", so Direktorin der UN-Welthandels- und Entwicklungskonferenz, Rebeca Grynspan.
Besonders Schwellenländer in Asien, Afrika und Lateinamerika sind enorm von den Engpässen betroffen. Eine deutsche UN-Botschafterin sprach beispielsweise davon, dass es beim Getreideabkommen auch um "Leben und Tod" für die afrikanischen Länder geht.
Zudem führt die Verknappung des Angebotes meist zu einem Anstieg des Preises der verfügbaren Waren. Im letzten Jahr gab es Schätzungen, dass 47 Millionen Menschen unter schwerem Hunger leiden, da die Lebensmittelkosten weltweit in die Höhe schossen. Der deutsche Bauernverband geht aber nicht davon aus, dass Mitteleuropa vom Engpass betroffen sein wird.
Welche Lebensmittel sind betroffen?
Konkret geht es um unterschiedliche Arten von Getreide. Führend ist dabei die Ausfuhr von Mais, Weizen und Raps. Aber auch Sonnenblumenöl und Sonnenblumenschrot waren betroffen. Im Juni 2022 ist Sonnenblumenöl daher in Österreich im Vorjahresvergleich um 72 Prozent teurer geworden.
Welche Lösungen sind nun in Sicht?
Vorerst ist die Lage verzweigt. Die Ukraine wird über den Seeweg von Odessa aus nun tatsächlich kein Getreide mehr liefern können, es ist zu erwarten, dass die Preise am Weltmarkt daher weiter steigen. Auf diplomatischer Ebene gibt es weiterhin Bemühungen, um ein neues Abkommen zu schließen. Währenddessen müssen andere Länder Getreide liefern. Alternativen sind jedoch schwer zu finden, immerhin war die Ukraine für ein Viertel der weltweiten Getreidelieferungen verantwortlich.
Was hat Russland konkret gefordert, um das Abkommen zu verlängern?
Zuletzt hat sich die Gesprächsbasis zwischen Russland und der Ukraine weiter verhärtet, eine Einigung wird aktuell als unrealistisch angesehen. Wladimir Putin forderte, dass die EU Russland massiv entgegenkäme. Der Forderung von Russland, dass eine Agrarbank wieder ins Swift-System eingegliedert wird, dürfte von der EU nicht nachgegeben werden.