Die massive Präsenz der russischen Armee in der Ukraine hat nach Ansicht des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Blitzrevolte der Wagner-Truppe in Russland ermöglicht. "Putin hat die Sicherheitslage nicht unter Kontrolle", sagte Selenskyj dem US-Sender CNN mit Blick auf den russischen Staatschef. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte hingegen am Montag, die Revolte haben keine Auswirkungen gehabt.

Selenskyj erklärte gegenüber CNN: "Wir wissen alle, dass seine (Putins) gesamte Armee in der Ukraine ist, fast die gesamte Armee ist dort. Deshalb war es für die Wagner-Truppen so einfach, durch Russland zu marschieren. Wer hätte sie aufhalten können?"

"Schwache" Reaktion von Putin

Die Reaktion des Kremlchefs auf den Aufstand der von Jewgeni Prigoschin angeführten Privatarmee Wagner vor gut einer Woche bewertete Selenskyj als "schwach". Die Rebellion habe gezeigt, dass Putin nicht alles kontrolliere. Die Vertikale der Macht - das System, in dem sich alles dem Kreml unterordnet - zerfalle, sagte Selenskyj.

Schoigu lobt Treue der russischen Armee

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu lobte am Montag in seiner ersten Stellungnahme nach der erfolglosen Revolte der Wagner-Söldner die Treue und Einsatzbereitschaft der regulären Truppen. "Die Provokation hatte keine Auswirkungen auf die Handlungen der Streitkräftegruppierung (in der Ukraine)", sagte Schoigu am Montag bei einer Ministeriumssitzung. Die Frontsoldaten hätten weiterhin ihre Aufgaben erledigt. Der Feind habe "in keiner Angriffsrichtung sein Ziel erreicht".

Schoigu nannte in seiner Rede weder den Söldnerführer Jewgeni Prigoschin noch die ihm unterstellte Wagner-Truppe namentlich als Verantwortliche für den Aufstand. Stattdessen sprach er von einem Versuch, die Lage in Russland zu destabilisieren. "Diese Pläne sind vor allem daran gescheitert, dass die Angehörigen der Streitkräfte ihrem Eid und ihrer Dienstpflicht treu geblieben sind", so der 68-Jährige.

Wagner-Truppen konnten fast ungehindert Richtung Moskau marschieren

Vor rund zehn Tagen hatte Prigoschin seine im Ukrainekrieg auf der Seite Moskaus kämpfende Privatarmee Wagner die südrussische Stadt Rostow am Don besetzen lassen und eine Militärkolonne Richtung Moskau in Marsch gesetzt. Er begründete dies mit einem angeblich von Schoigu befohlenen Angriff russischer Truppen auf ein Wagner-Militärlager. Trotz vereinzelter Versuche, den Tross zu stoppen, konnten die Söldner praktisch ungehindert Hunderte Kilometer zurücklegen, ehe Prigoschin selbst den Rückzugsbefehl gab.

Zuvor hatte es offenbar Verhandlungen gegeben, die vom belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vermittelt wurden. Der Kreml räumte demnach den Aufständischen Amnestie und die Möglichkeit einer Ausreise nach Belarus ein.