Bei einem großangelegten israelischen Militäreinsatz in der Stadt Jenin im Westjordanland sind mindestens fünf Palästinenser getötet worden. Rund zwei Dutzend weitere seien verletzt worden, davon seien fünf in kritischem Zustand, teilte das palästinensische Gesundheitsministerium am Montag mit. Unklar war zunächst, ob es sich bei den Toten um Kämpfer militanter Islamisten oder unbeteiligte Anrainer handelte.

Operation "Heim und Garten"

Die Operation "Heim und Garten", die sich nach israelischen Angaben gegen "terroristische Infrastruktur" richtete, dauerte am Montagmorgen noch an. Die Region um Jenin und das dazugehörende Flüchtlingslager mit rund 17.000 Einwohnern gelten seit Jahren als Hochburg militanter Palästinenser.

Mehrere gezielte Luftangriffe in der Nacht hätten unter anderem ein Waffenlager, einen Versammlungsort für Terroristen und ein auch als Beobachtungsposten genutztes Kommando- und Kommunikationszentrum getroffen, teilte die Armee mit. Demnach gab es auch Schusswechsel mit bewaffneten Palästinensern.

Zerstörte Straßen

Auf Videos waren mehrere zerstörte Straßen zu sehen. Auch das "Freedom Theatre" im Zentrum der Stadt wurde getroffen, wie die Kultureinrichtung bestätigte. Israels Armee war kurz nach den Luftangriffen mit Bodentruppen und rund 100 Militärfahrzeugen in die Stadt eingerückt. Palästinensischen Berichten zufolge kam es daraufhin zu gewaltsamen Kämpfen mit Bewohnern.

Der Sprecher des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas, Nabil Abu Rudeineh, verurteilte den israelischen Einsatz und sprach von einem "neuen Kriegsverbrechen". Er rief die internationale Gemeinschaft auf, "ihr beschämendes Schweigen zu brechen und ernsthafte Maßnahmen zu ergreifen".

Der israelische Armeesprecher Richard Hecht sagte, die Operation werde "so lange wie nötig" dauern. Demnach konzentriert sich die Armee auf das Flüchtlingslager in Jenin. Dort seien in der Nacht "mindestens sieben Terroristen neutralisiert" worden. Unklar war, ob sie getötet wurden. Laut Hecht wurden seit dem Vorjahr mehrere Dutzend Angriffe auf Israelis von Bewohnern des Lagers ausgeführt.

Verteidigungsminister kündigt entschlossenes Vorgehen an

Neben der im Gazastreifen herrschenden Hamas haben in den vergangenen Jahren auch der militante Islamische Jihad sowie weitere lose Gruppierungen in Jenin massiv an Einfluss gewonnen. Finanziert werden sie größtenteils vom Iran. Die Hamas rief in der Früh zur Mobilisierung der Palästinenser im Westjordanland auf und sicherte ihren Kämpfern in Jenin Unterstützung zu. Ein Sprecher der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Jihad teilte mit: "Solange diese Aggression nicht aufhört, werden die Reaktionsmöglichkeiten breit und umfassend sein."

Starke Rauchwolken über Jenin
Starke Rauchwolken über Jenin © APA/AFP/JAAFAR ASHTIYEH

Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant teilte mit, die Armee werde in Jenin weiter "proaktiv und entschlossen vorgehen". Israels Verteidigungsapparat sei auf jedes Szenario vorbereitet. Die Sicherheitslage in Israel und den palästinensischen Gebieten ist seit langem angespannt und hatte sich zuletzt nochmals verschärft. Unter anderem aus der Regierung wurden zuletzt Rufe nach einer großangelegten Militäroffensive laut.

Dutzende Tote in diesem Jahr

Nach einem tödlichen Anschlag zweier Palästinenser auf vier Israelis im Westjordanland vor knapp zwei Wochen kam es dort immer wieder zu massiver Gewalt wütender israelischer Siedler gegen Palästinenser. Zudem führte das Militär erstmals wieder seit Jahrzehnten einen gezielten Luftangriff gegen Palästinenser im Westjordanland durch.

Seit Beginn des Jahres kamen mehr als zwei Dutzend Menschen bei Anschlägen von Palästinensern ums Leben. Im gleichen Zeitraum wurden mehr als 140 Palästinenser bei Konfrontationen, israelischen Militäreinsätzen oder nach eigenen Anschlägen erschossen. Israel eroberte das Westjordanland und Ost-Jerusalem während des Sechstagekrieges 1967. Die Palästinenser fordern die Gebiete für einen eigenen Staat.