Auch fünf Tage nach dem gescheiterten Putsch von Jewgeni Prigoschin bestimmen noch viele offene Fragen den Diskurs in Moskau. Nun sickerten zudem weitere Aspekte des Plans von Prigoschin durch.
Geheimdienst wusste Bescheid
Demnach dürfte der Wagner-Chef geplant haben, die russische Militärführung festzunehmen. Das berichtet das "Wall Street Journal" unter Berufung auf westliche Regierungsvertreter. Im Visier des Wagner-Chefs waren vor allem Verteidigungsminister Sergei Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow, die bei einem Besuch in der Grenzregion zur Ukraine festgesetzt hätten werden sollen.
Die Pläne wurden aber vereitelt, da der russische Inlandsgeheimdienst FSB Wind davon bekam. Prigoschin habe daraufhin seine Pläne kurzfristig ändern müssen und seine Truppen angewiesen, Rostow einzunehmen. Der Chef der russischen Nationalgarde, Viktor Solotow, hatte am Dienstag bereits gesagt, dass die Pläne des Söldner-Chefs durchgesickert sind.
Wladimir Putin ist indes bemüht, wieder Normalität zu demonstrieren. Der russische Machthaber ist laut Angaben des Kremls am Mittwoch in die Teilrepublik Dagestan gereist, um sich dort um Tourismusfragen zu kümmern. Dagestan ist als Ferienziel bei vielen Russen beliebt.
Putin inszeniert sich in Menschenmenge
Auf einem bei Telegram veröffentlichten Video der Staatsagentur Ria Nowosti ist zu sehen, wie Putin Mittwochabend in der Dunkelheit von begeisterten Bewohnern Derbents umringt wird und ihnen die Hände schüttelt. Dann bittet ein Mädchen den Staatschef in dem Gedränge mehrmals um ein Selfie. Auf einer Aufnahme Reporters Pawel Sarubin vom Staatsfernsehen ist zu sehen, wie Putin dem Mädchen einen Kuss auf den Kopf gibt, den Arm um sie legt und sich dann mit ihr fotografieren lässt.
Der Republikchef Dagestans, Sergej Melikow, sagte bei einem Treffen mit Putin nach Angaben der Staatsagentur Tass in Bezug auf den Aufstand, alle Bewohner Dagestans unterstützten die Entscheidungen "des Präsidenten und Oberbefehlshabers". Putin erwiderte, er habe "keine Zweifel" daran gehabt, wie die Reaktionen in Dagestan und im ganzen Land ausfallen würden.
Dass der Kremlchef sich in eine Menschenmenge begibt, ist ungewöhnlich – in Moskau hält Putin selbst bei politischen Treffen meist großen Abstand. Laut der vom russischen Oppositionellen gegründeten Rechercheplattform "Dossier Center" reist Putin seit Kriegsbeginn aus Angst vor einem Anschlag nur noch im Panzerzug statt im Flugzeug.