Die britische Regierung darf entgegen ihren Plänen vorerst keine Asylwerberinnen und -werber nach Ruanda abschieben. Das entschied ein Gericht in London heute. Der UNO-Menschenrechtskommissar Volker Türk hatte bereits vor Wochen einen derartigen Schritt kritisiert und gefordert, dass Staaten weniger emotional über Asylthemen debattieren sollten.

Ruanda-Plan stammt ursprünglich von Johnson

Der Ruanda-Plan gilt als zentrales Ziel von Premierminister Rishi Sunak, mit dem die Regierung Migranten von der Überfahrt über den Ärmelkanal abschrecken will. Sie orientiert sich an einer ähnlichen Regelung aus Australien, wo Migranten und Migrantinnen nach Papua-Neuguinea und Nauru geschickt werden. 

Auf die Idee ist ursprünglich Sunak Vor-Vorgänger Boris Johnson gekommen. Die Regelung wurde damals, mit der damaligen Innenministerin Priti Patel, mit der ruandesischen Führung vereinbart. Dafür wurde eine Summe von umgerechnet knapp 140 Millionen Euro an Ruanda bezahlt.

Abschiebung durch einstweilige Verfügung gestoppt

Im vergangenen Jahr kamen rund 45.000 Migranten in kleinen Booten über den Ärmelkanal nach Großbritannien – so viele wie nie zuvor. In diesem Jahr sind bisher mehr als 11.000 Menschen auf diesem Weg illegal in das Vereinigte Königreich eingereist. Die britische Regierung hatte vor wenigen Tagen eine Rechnung aufgemacht, wonach bei der Abschiebung von Asylbewerbern nach Ruanda mit Kosten von 169.000 Pfund (195.556,58 Euro) pro Abschiebung gerechnet wird.

Der erste geplante Abschiebeflug vor einem Jahr wurde durch eine einstweilige Verfügung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gestoppt. Dieser hatte das Vorhaben der britischen Regierung untersagt, solange die Gerichtsverfahren in Großbritannien nicht abgeschlossen sind. Im Dezember hatte der High Court in London geurteilt, die geplanten Abschiebungen seien rechtmäßig. Menschenrechtsgruppen riefen daraufhin das Berufungsgericht an.

Das Vorhaben von Braverman und Premierminister Rishi Sunak war international scharf kritisiert worden. Menschenrechtsvertreter bezeichneten es als Verstoß gegen internationale Verpflichtungen.

Großbritannien hat keine Kapazitäten zur Aufnahme von Migrantinnen und Migranten aufgebaut und seit dem Brexit kein Rücknahmeabkommen mehr mit der EU. Zahlreiche Menschen sind deshalb in Hotels untergebracht, was hohe Kosten für die Steuerzahler verursacht.