Boris Johnson steht massiv in Kritik. Demnach hatte er das Parlament belogen, als es um die Aufarbeitung von Lockdown-Verstößen im Regierungssitz und in anderen Regierungsbehörden ging. Der aktuelle Premier Rishi Sunak wollte sich im Vorfeld nicht festlegen, ob er dem Bericht zustimmen würde.
Sunak will sich nicht einmischen
Er wolle das Votum nicht beeinflussen, sagte der Parteichef der Konservativen wenige Stunden vor der Debatte am Montag. "Es ist wichtig, dass sich die Regierung nicht einmischt, denn es ist eine Sache des Parlaments und der Abgeordneten als Einzelpersonen, nicht als Mitglieder der Regierung." Die Zeitung "The Times" berichtete, Sunak werde der Abstimmung fernbleiben und damit eine Festlegung vermeiden. Die Opposition warf ihm daraufhin Führungsschwäche vor.
Für den Bericht kam ein mehrheitlich konservativ besetzter Parlamentsausschuss zu dem Schluss, dass der damalige Premier Johnson das Unterhaus in der "Partygate"-Affäre über verbotene Feiern während der Coronapandemie wiederholt belog. Der empfohlenen 90-tägigen Suspendierung aus dem Parlament kam der konservative Politiker zuvor, indem er sein Mandat niederlegte. Eine Abstimmung könnte ein Stimmungsbarometer sein, wie viel Unterstützung Johnson in den Reihen der Tory-Fraktion noch genießt.
Johnson soll Coronaregeln gebrochen haben
Die Kritik an der Berufung enger Vertrauter und ehemaliger Mitarbeiter von Johnson in die zweite Parlamentskammer nimmt unterdessen zu. Oppositionsführer Keir Starmer sagte am Montag, die Nominierungen für das House of Lords seien sehr schwer zu rechtfertigen. Solche Ehren dürften höchstens Menschen vorbehalten sein, die "unglaubliche Dienste" geleistet hätten wie die Entwicklung des Coronaimpfstoffs, so der Chef der Labour Party gegenüber dem Sender BBC Radio 4. Starmer versprach, er selbst würde im Falle einer Amtszeit auf die "Prime Minister's Resignation Honours" genannte Ehrenliste verzichten.
Wegen eines Videos, das Verstöße gegen die damals geltenden Coronaregeln zeigt, steigt zudem der Druck auf zwei von Johnson Geehrte, die Titel abzulehnen. Die Lockdown-Party, auf der das Video aufgenommen wurde, hatte der damalige konservative Bürgermeister-Kandidat für London, Shaun Bailey, organisiert – der auf Vorschlag Johnsons nun ins Oberhaus berufen wird. In dem Clip ist zudem ein Mann zu sehen, der einen Orden erhalten soll. Der konservative Ex-Minister Robert Buckland forderte im Sender Times Radio, die beiden sollten auf die Auszeichnungen verzichten.
Vergangene Woche war bekannt geworden, dass sieben neue Mitglieder dank Johnsons Nominierung einen Sitz auf Lebenszeit im Oberhaus erhalten werden. Am meisten verwunderte die Berufung von Charlotte Owen, die künftig das jüngste Mitglied der Geschichte im House of Lords sein wird. Die Zeitung "Observer" berichtete, die 1993 geborene Owen sei lediglich als Karenzvertretung in der Downing Street eingesprungen. Acht Vorschläge Johnsons für das House of Lords waren vom zuständigen Komitee abgelehnt worden, eine beispiellose Quote.