Im heurigen Frühling ließ sich die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo mit dem amerikanischen "Time"-Magazin am Ufer der Seine ablichten. Titel der Ausgabe, die sie in den Händen hält: Die Seine retten, Saving the Seine. Mit dem großen Versprechen, die Seine wieder so sauber zu machen, dass man darin schwimmen kann, hat die Pariser Bürgermeisterin vor sechs Jahren das Rennen um die Olympischen Spiele gewonnen.

Optimismus herrscht vor

Ein Jahr vor der Eröffnungsfeier, die auf Seine und an ihren Ufern stattfinden soll, geben sich alle in Paris optimistisch. "Wir sind dabei, eines der schönsten Erbschaften der Olympischen und Paralympischen Spiele zu verwirklichen", sagte Präsident Emmanuel Macron 500 Tage vor dem Startschuss. Drei Wettkämpfe sollen im Sommer 2024 in der Seine zwischen Eiffelturm und Invaliden stattfinden: Freiwasserschwimmen, Triathlon und paralympische Triathlon.



Jahr für Jahr werden 360 Tonnen Müll aus der insgesamt 777 Kilometer langen Seine gezogen – darunter auch Leihfahrräder, Waschmaschinen, Einkaufswagen. Aber das ist nicht das Hauptproblem: Die größte Herausforderung ist die Verschmutzung durch Fäkalbakterien. In den vergangenen 22 Jahren ist es der Stadt zwar gelungen, die Menge unbehandelten Abwassers, das direkt in die Seine läuft, um 90 Prozent zu reduzieren. Doch noch immer fließen 1,9 Millionen Kubikmeter Abwasser ungefiltert aus Haushalten und der Industrie in die Seine.

Grund dafür ist das Abwassersystem, das Stadtplaner Georges-Eugène Haussmann Mitte des 19. Jahrhunderts schuf. Was vor 150 Jahren hochmodern war, erweist sich heute als fatal: Vor allem bei starken Regenfällen im Stadtgebiet läuft das unterirdische Labyrinth der Straßenentwässerung über und fließt direkt in die Seine.
Um das zu verhindern, baut die Stadt ein gigantisches Auffangbecken hinter dem Austerlitz-Bahnhof. Es ist so groß wie 20 olympische Becken und kann bis zu 45.000 Kubikmeter Wasser auffangen, das nach dem Starkregen in eine Reinigungsstation gepumpt, gesäubert und erst dann wieder in die Seine geleitet werden soll. Um die 1,4 Milliarden Euro kostet das Seine-Projekt insgesamt.

"Befriedigend bis exzellent"

Bereits letzten Sommer waren sieben von zehn Wasserproben "befriedigend bis exzellent" versichern Hydrologen. Auch bevölkern inzwischen wieder 39 Fischarten die Seine, in den 1990er-Jahren gab es nur noch drei. Aber all das bedeutet nicht, dass man in Zukunft einfach in die Seine wird springen können, wenn die Temperaturen im Sommer auf 50 Grad steigen, worauf sich Paris langfristig einstellen muss. Wegen des regen Schiffsverkehrs auf der Seine werden Naturwasser-Schwimmbäder gebaut, die seit einigen Jahren in La Villette im Norden von Paris getestet werden. Langfristig sind insgesamt 26 geplant – davon vier im Stadtzentrum. Im Sommer 2025 wird eins, bestenfalls sollen zwei eröffnet werden.

Die Seine entspringt in der Region Bourgogne-Franche-Comté, fließt von Osten nach Westen und mündet bei Le Havre in den Ärmelkanal. Der Erste, der den geplagten Fluss für schwimmtauglich befunden hat, ist der Sohn der Pariser Bürgermeisterin: Vor zwei Jahren hat Arthur Germain, damals 19 Jahre jung, die Seine von der Quelle im Burgund bis zur Mündung in der Normandie schwimmend durchgequert, um so auf die fortschreitende Umweltverschmutzung aufmerksam zu machen. Viele Franzosen sind davon betroffen: Das Einzugsgebiet der Seine umfasst etwa 78.650 Quadratkilometer. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Pariser Abwässer noch ungeklärt in den Fluss gekippt.