Ex-Präsident Donald Trump hat sich im Prozess um Geheimdokumente der US-Regierung für unschuldig erklärt. Der mögliche republikanische Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2024 wies damit am Dienstag vor einem Bundesgericht in Miami Vorwürfe zurück, er habe beim Auszug aus dem Weißen Haus 2021 vertrauliche und streng geheime Dokumente widerrechtlich mitgenommen. Der Immobilienmilliardär wird mit insgesamt 37 Anklagepunkten konfrontiert. Ihm wird zudem Behinderung der Justiz vorgeworfen. Der Prozessauftakt setzt den Startschuss für ein juristisches Ringen, das die Wahlkampagne Trumps monatelang begleiten wird. Experten gehen davon aus, dass es ein Jahr oder länger dauern könnte, bis ein Urteil gefällt wird.
Stopp in Restaurant in Miami
Nach seinem Gerichtstermin machte er in einem Restaurant Halt, wo er sich von Anhängern feiern ließ. Mehrere Menschen machten am Dienstagnachmittag (Ortszeit) in dem Lokal im Stadtviertel Little Havanna in der Metropole Miami Fotos mit Trump und klatschten, wie auf TV-Bildern zu sehen war. Der 76-jährige Trump winkte und rief "Essen für alle". Trump hatte im Vorfeld angekündigt, er wolle im Anschluss an den Gerichtstermin von Florida aus nach New Jersey fliegen. In seinem Golfclub in Bedminster wollte er dort am Dienstagabend (Ortszeit/02.15 Uhr MESZ Mittwoch) vor Anhängern auftreten.
Der Sender CNN berichtete, Trump habe das Gerichtsgebäude ohne Auflagen wie Reisebeschränkungen oder Hinterlegung einer Kaution verlassen können. Das Gericht habe aber entschieden, dass Trump keinen Kontakt zu potenziellen Zeugen in dem Verfahren aufnehmen dürfe.
Der aktuelle republikanische Präsidentschaftsbewerber musste sich für die Vorstellung der Vorwürfe gegen ihn persönlich im Bundesstaat Florida einfinden. Es ist das erste Mal, dass gegen einen Ex-Präsidenten auf Bundesebene Anklage erhoben wurde.
Jubelnde Anhänger, großes Sicherheitsaufgebot
Vor dem Gerichtsgebäude hatten sich einige Unterstützer Trumps versammelt. Manche trugen "Make America Great Again"-Mützen und amerikanischen Flaggen. Sie skandierten "Miami für Trump" und "Latinos für Trump", als die Wagenkolonne vor dem Gerichtsgebäude anhielt. Ein Mann war zu hören, der "USA! USA!" rief. Die Behörden hatten sich auf Ausschreitungen vorbereitet und auf den Sturm auf US-Kapitol am 6. Jänner 2021 verwiesen. Der Bürgermeister von Miami, Francis Suarez, gab Entwarnung. Es habe keine Sicherheitsprobleme gegeben, sagte er Reportern.
Radikale Unterstützer Trumps hatten zuvor martialische Töne angeschlagen, was Ängste vor möglicher Gewalt rund um das Erscheinen Trumps vor Gericht auslöste. Zunächst kam es jedoch nicht zu Zwischenfällen. Miamis Polizeichef Manny Morales hatte vorab versichert, die Sicherheitskräfte seien gut aufgestellt und könnten gewährleisten, dass die Lage nicht eskaliere.
"Geistesgestörter Psycho"
Über die Anklage hatte eine Anklagejury (grand jury) auf Betreiben des Sonderermittlers Jack Smith entschieden. Dieser wurde vom Justizministerium eingesetzt, das als Teil der Exekutive Trumps Nachfolger Joe Biden unterstellt ist. Biden hat sich von dem Fall distanziert und lehnt Stellungnahmen dazu ab.
Trump hat Smith auf seiner Plattform Truth Social als "geistesgestörten Psycho" bezeichnet. Der Republikaner hat wiederholt seine Unschuld beteuert. Experten sehen die Staatsanwaltschaft allerdings in einer starken Position. Trumps ehemaliger Justizminister William Barr - mit dem er sich überworfen hatte - erklärte am Sonntag, er sei über die Brisanz und Anzahl der gefundenen Dokumente erschüttert. "Wenn auch nur die Hälfte davon wahr ist, dann ist er erledigt", sagte Barr zur Anklage. Trump warf Barr anschließend vor, die Kommentare aus Verärgerung gemacht zu haben und nannte seinen Ex-Minister ein "feiges Schwein".
Die Vorwürfe gegen Donald Trump
Trump war im April bereits im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar auf bundesstaatlicher Ebene in New York angeklagt worden - dies war die erste Anklage gegen einen Ex-Präsidenten überhaupt. Mit der Dokumenten-Affäre folgte innerhalb weniger Wochen die erste Anklage gegen einen ehemaligen Präsidenten vor einem Bundesgericht. Es wird auch noch in anderen Fällen gegen Trump ermittelt. Bisher wiegen die Vorwürfe im Zusammenhang mit den geheimen Regierungsunterlagen juristisch am schwersten.
Die Bundespolizei FBI hatte im August Trumps Privatanwesen Mar-a-Lago in Florida durchsucht und dort zahlreiche Verschlusssachen aus seiner Amtszeit beschlagnahmt, einige mit höchster Geheimhaltungsstufe. Mar-a-Lago ist ein Club mit Zimmern für zahlende Gäste und öffentlichen Veranstaltungen. Dadurch, dass Trump vertrauliche Regierungsdokumente nach seiner Amtszeit in privaten Räumen aufbewahrte, könnte er sich strafbar gemacht haben.
Vorgeworfen wird ihm eine Verschwörung zur Behinderung der Ermittlungen und die gesetzeswidrige Aufbewahrung höchstsensibler Informationen. Darunter waren laut Anklage Details zu nuklearen Fähigkeiten der USA und anderer Staaten, zu militärischen Schwachstellen in der Verteidigung der Vereinigten Staaten und ihrer Partner sowie Informationen über potenzielle Militäraktionen.
Die brisante Anklageschrift
In der Anklageschrift werden Trump sieben Kategorien von Vergehen und mehr als 35 Straftaten zur Last gelegt. Die Details in dem 49-seitigen Papier sind brisant. So heißt es darin etwa, Trump habe Kisten mit Verschlusssachen in seinem Schlafzimmer, einem Badezimmer, einer Dusche, einem Ballsaal und einem Lagerraum aufbewahrt. Einige Kisten hätten zeitweise in einem Raum gestanden, in dem öffentliche Veranstaltungen stattfanden. Ein Lagerraum sei über einen öffentlichen Pool-Bereich einfach zu erreichen gewesen.
Die Ermittler führen in der Anklageschrift - unter anderem auf Basis von Tonaufnahmen - detailliert auf, wie Trump mit anderen Personen über Verschlusssachen sprach oder diese unbefugten Dritten zeigte.
Gerichtstermin in Miami
Trump war bereits am Montag in Miami eingetroffen und hatte die Nacht in seinem luxuriösen Resort Doral verbracht. Am Dienstag wurde er dann mit großem Sicherheitsaufgebot in einer Kolonne zum Gerichtsgebäude gebracht. Das eigentliche Prozedere vor Gericht spielte sich hinter verschlossenen Türen ab. Im Gebäude waren zwar einige Journalisten und Bürger zugelassen, allerdings galt dort ein strenges Verbot elektronischer Geräte. Eine Übertragung der Sitzung gab es nicht, selbst Fotos waren im Gerichtssaal verboten.
Üblicherweise werden Beschuldigten bei diesen Terminen Fingerabdrücke abgenommen, es werden klassische Polizeifotos gemacht, oft auch Handschellen angelegt. In New York hatten die Behörden bei Trump auf Handschellen und ein Foto verzichtet. Das wurde auch in Miami erwartet. Trump sollte das Gericht und auch Miami nach dem Termin direkt wieder verlassen, um von Florida aus nach New Jersey zu fliegen. In seinem Golfclub in Bedminster wollte er dort in der deutschen Nacht zu Mittwoch dann vor Anhängern auftreten.
Großes Sicherheitsaufgebot
Mehrere Trump-Unterstützer vom rechten Rand der Republikanischen Partei hatten sich nach der Veröffentlichung der Anklage martialisch geäußert und damit Befürchtungen ausgelöst, dass es zu Gewalt kommen könnte. Der Abgeordnete Andy Biggs schrieb auf Twitter: "Wir haben jetzt eine Kriegsphase erreicht. Auge um Auge." Die Republikanerin Kari Lake aus Arizona sagte, wer an Trump rankommen wolle, müsse erst an ihr und an Millionen von bewaffneten Amerikanern vorbei. Die Stadt Miami stellte daher ein großes Sicherheitsaufgebot ab. Polizeichef Morales sagte, es gebe genug Ressourcen für eine Menschenmenge von bis zu 50.000 Demonstranten. "Wir nehmen dieses Ereignis sehr ernst", sagte er am Montag. "Wir wissen, dass sich die Dinge zum Schlimmsten wenden könnten, aber das ist nicht die Art und Weise Miamis." Zunächst blieb die Lage rund um das Gericht ruhig.
Trump-Anhänger hatten sich bereits am Montag für die Ankunft des Republikaners in Miami vor dessen Resort Doral versammelt. Aileen, eine Frau aus Florida in ihren 50ern, bezeichnete die Anklage gegen Trump als politisch motiviert. Die Demokraten seien die Partei der Millionäre, Trump sei der Präsident der hart arbeitenden, der vergessenen Bevölkerung. Fast ironisch klingt so ein Satz vor den Mauern eines Anwesens mit mehreren Golfplätzen und Pools, dessen Luxus man an der stickigen Straße kaum erahnen kann.
Pete Crotty, ein Trump-Fan, der vor seinem mit Flaggen geschmückten roten Pick-up Trump-Fanartikel verkaufte, sagte, Trump sei nur zur Zielscheibe geworden sei, weil er der aussichtsreichste republikanische Präsidentschaftsbewerber sei.
Dies Narrativ hat Trump vorgegeben. Er weist die Vorwürfe gegen sich zurück und wertet die Anklage als politisch motivierten Versuch, ihn von einer zweiten Amtszeit abzuhalten. Trump spricht von "politischem Auftragsmord" und "Kriegsführung" mit juristischen Mitteln.