Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eine strafrechtliche Verfolgung Russlands wegen des Aggressionskrieges und Kriegsverbrechen gefordert. Ohne Gerechtigkeit sei kein Friede möglich, sagte Selenskyj Donnerstag in Den Haag. Als Vorbild eines Tribunals nannte er die Nürnberger Prozesse gegen die deutschen Nationalsozialisten nach dem Zweiten Weltkrieg. "Ein dauerhafter Frieden ist nur möglich, wenn wir die Aggressoren auch zur Verantwortung ziehen", so Selenskyj.
"Natürlich hätten wir alle heute lieber einen anderen Wladimir hier in Den Haag gesehen", sagte er zu Beginn seiner Rede und verwies damit auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Selenskyjs Vorname ist die ukrainische Form des Namens.
Internationaler Strafgerichtshof ermittelt
Selenskyj lobte den Einsatz des Internationalen Strafgerichtshofes mit Sitz in Den Haag. Dieser hatte bereits kurz nach der russischen Invasion Ermittlungen eingeleitet und auch im März einen internationalen Haftbefehl gegen Putin wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen erlassen. Selenskyj zeigte sich überzeugt, dass Putin tatsächlich auch nach Den Haag vor das Gericht gebracht werde.
Der Präsident hatte zuvor bei diesem ersten offiziellen Besuch in den Niederlanden auch den Strafgerichtshof besucht. Später sollte er unter anderem mit Premier Mark Rutte und dem belgischen Premier Alexander De Croo zusammenkommen.
Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Dass Putin tatsächlich in Den Haag der Prozess gemacht wird, gilt zurzeit als ausgeschlossen. Dazu müsste der russische Präsident ausgeliefert werden. Russland erkennt das Gericht in Den Haag nicht an.
Auch die Ukraine ist zwar kein Vertragsstaat des Strafgerichtshofes. Aber Kiew hat die Befugnis des Gerichts für seit 2014 auf ukrainischem Staatsgebiet verübte Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen anerkannt. 2022 wurden die ukrainischen Gesetze angepasst, damit die Ankläger aus Den Haag auf ukrainischem Staatsgebiet ermitteln können.