Der von den USA vermittelte Waffenruhe im Sudan hält nach Auffassung der Vereinten Nationen (UNO) bisher "in einigen Teilen". Es gebe allerdings keine Anzeichen, dass die Kriegsparteien bereit seien, "ernsthaft zu verhandeln, was darauf hindeutet, dass beide denken, dass ein militärischer Sieg über die andere Seite möglich ist", sagte der UNO-Sonderbeauftragte für den Sudan, Volker Perthes, am Dienstag vor dem UNO-Sicherheitsrat. Dies sei eine Fehlkalkulation.
Kämpfe trotz Waffenruhe
Trotz Waffenruhe wurden die Kämpfe am Dienstag in der Hauptstadt Khartum unter anderem um den Palast der Republik, den internationalen Flughafen und die Hauptquartiere sowie Stützpunkte von Armee und RSF "weitgehend fortgesetzt oder in einigen Fällen intensiviert", hieß es laut Perthes. Luftangriffe und schwerer Beschuss insbesondere in den Städten Omdurman und Bahri unmittelbar bei Khartum gingen weiter. Der Flughafen sei Berichten zufolge zwar wieder in Betrieb, die Vorfelder seien aber beschädigt.
Es gebe zudem zahlreiche Berichte über Wohnungseinbrüche, Plünderungen von Häusern und Geschäften sowie an Kontrollpunkten entwendete Autos. Zu den Opfern gehörten sudanesische Bürgerinnen und Bürger wie auch Mitarbeitende der Vereinten Nationen, humanitäre Helferinnen und Helfer sowie diplomatisches Personal. Die Angst vor zunehmender Kriminalität wachse. UNO-Generalsekretär António Guterres appellierte vor dem Sicherheitsrat für ein Ende der Gewalt und warnte vor dem Ausbruch eines vollumfänglichen Krieges.
"Beide Kriegsparteien haben die Gesetze und Normen des Angriffs auf dicht besiedelte Gebiete missachtet, mit wenig Rücksicht auf Zivilisten, Krankenhäuser oder sogar Fahrzeuge, die Verwundete und Kranke transportieren", sagte Perthes in New York. Er forderte beide Seiten auf, den Verpflichtungen des humanitären Völkerrechts nachzukommen und den Schutz der Zivilbevölkerung und der zivilen Infrastruktur sicherzustellen. Zudem gebe es "beunruhigende Berichte über versuchte sexuelle Übergriffe".
Machtkampf artet aus
Im Sudan kämpfen seit 15. April die sudanesischen Streitkräfte und die paramilitärische Gruppe Rapid Support Forces (RSF) um die Macht. Dabei sind mindestens 459 Menschen getötet und mehr als 4.000 verletzt worden. Seit Dienstag gilt die US-vermittelte 72-stündige Waffenruhe. Zwei zuvor von beiden Konflikt-Parteien vereinbarte Feuerpausen waren nicht eingehalten worden.
Perthes, der seinen Arbeitsort aus Sicherheitsgründen in die Stadt Port Sudan verlegt hatte, ist nach eigenen Angaben weiterhin in regelmäßigem Kontakt mit den rivalisierenden Generälen im Sudan. Sowohl Armee-Oberbefehlshaber Abdel Fattah al-Burhan als auch Mohammed Hamdan Daglo, Anführer der RSF, würden aber noch immer gegenseitige Anschuldigungen erheben und damit wenig Hoffnung auf eine baldige Lösung der Krise machen.