Die Übungen sollten als Warnung an "Unabhängigkeitskräfte" in Taiwan verstanden werden. Die chinesische Führung betrachtet die demokratische Inselrepublik als Teil der Volksrepublik, obwohl Taiwan seit mehr als 70 Jahren eine unabhängige Regierung hat. Auch droht Peking mit einer Eroberung Taiwans.

"Es ist eine ernste Warnung wegen der provokativen Aktivitäten der separatistischen Unabhängigkeitskräfte in Taiwan und ihre geheimen Absprachen mit ausländischen Kräften", sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin am Montag in Peking. "Die Unabhängigkeit Taiwans und der Frieden und die Stabilität in der Straße von Taiwan schließen sich gegenseitig aus", fügte Wang an. "Wenn wir den Frieden und die Stabilität (...) schützen wollen, müssen wir jeder Form des Separatismus für eine Unabhängigkeit Taiwans entschieden entgegentreten."

China führte drei Tage lang Militärmanöver vor Taiwans Küste aus. Dabei übte die chinesische Armee nach eigenen Angaben die "Abriegelung" der Insel.

Spannungen nach USA-Besuch

Die Spannungen waren zuletzt durch den Besuch der taiwanesischen Präsidentin in den USA angeheizt worden. Tsai hatte dort am Mittwoch in Kalifornien den Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, getroffen, den dritthöchsten Vertreter der Vereinigten Staaten.

Als Reaktion auf die chinesischen Militärmanöver vor Taiwan hat Japan nach eigenen Angaben in den vergangenen Tagen mehrere Kampfjets mobilisiert. Die japanischen Streitkräfte hätten seit Freitag den chinesischen Flugzeugträger Shandong und mehrere andere chinesische Marineschiffe in dem Gebiet südlich der japanischen Miyako-Inselgruppe beobachtet, erklärte der japanische Generalstab am Montag. Es seien zu diesem Zweck "zwei Eskorten entsandt worden" hieß es weiter. Die japanischen Kampfjets seien "als Reaktion auf die Landungen und Starts der Kampfjets an Bord der Shandong" gestartet. Insgesamt bestätige er "etwa 120 Landungen und Abflüge auf dem Flugzeugträger Shandong - 80-mal durch Kampfflugzeuge und 40-mal durch Hubschrauber", erklärte der Generalstab.

Die Europäische Union äußerte sich besorgt und rief zur Zurückhaltung auf. Spannungen müssten durch Dialog gelöst werden, sagte Nabila Massrali, Sprecherin der EU-Kommission für auswärtige Angelegenheiten, am Montag in Brüssel. Eine Eskalation habe weltweit enorme Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Sicherheitslage. Der Status Taiwans dürfe nicht mit Gewalt geändert werden, sagte Massrali. "Jegliche Instabilität in der Meerenge aufgrund von Eskalation, Unfall oder Gewaltanwendung hätte enorme wirtschaftliche und sicherheitspolitische Auswirkungen auf die Region und weltweit."

Der Konflikt um Taiwan ist ein zentrales Streitthema zwischen China und den USA. Washington hat sich seit 1979 der Verteidigungsfähigkeit der Insel verpflichtet, was bisher meist Waffenlieferungen bedeutete. Beobachter befürchten, an dem Streit könnte sich potenziell eine militärische Konfrontation zwischen den zwei Weltmächten entfachen. Auch streiten die USA und China über die chinesischen Territorialansprüche im Südchinesischen Meer.

Die USA demonstrierten indessen im Südchinesischen Meer militärische Stärke. Der US-amerikanische Lenkwaffen-Zerstörer "USS Milius" absolvierte am Montag einen Einsatz nahe dem Mischief-Atoll der Spratly-Inseln. Wie die 7. US-Flotte mitteilte, trat das US-Kriegsschiff damit für die Freiheit der Navigation in dem von China und anderen Staaten beanspruchten Meeresgebiet ein. Anschließend habe die "USS Milius" das Gebiet wieder verlassen.

China beansprucht fast das gesamte Südchinesische Meer für sich und hat künstliche Inseln aufgeschüttet, um seine Ansprüche zu untermauern. Dies betrifft auch strategisch wichtige und ressourcenreiche Gebiete, die Länder wie Indonesien, Malaysia und die Philippinen für sich reklamieren. Die USA und Chinas Nachbarn werfen Peking eine zunehmende Militarisierung der Region vor. Der internationale Schiedsgerichtshof in Den Haag wies die chinesischen Gebietsansprüche 2016 zurück. China ignoriert das Urteil allerdings.