Zwischen China und Taiwan haben sich die Spannungen nach einem Treffen von Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen mit dem Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, verschärft. Die taiwanische Regierung beobachtete am Donnerstag einen chinesischen Flugzeugträger vor der eigenen Ostküste und zeigte sich außerdem besorgt über die Ankündigung Chinas, Schiffe in der Straße von Taiwan inspizieren zu wollen.

Treffen trotz Drohungen Chinas

McCarthy – der dritthöchste Politiker in der US-Führungshierarchie – und andere republikanische und demokratische Abgeordnete hatten Tsai am Mittwoch in der "Ronald Reagan Presidential Library" in Kalifornien getroffen. Die Begegnung fand trotz der Androhung von Vergeltungsmaßnahmen seitens Chinas statt.

Die Führung in Peking betrachtet das demokratisch regierte Taiwan als abtrünnige Provinz und sieht Treffen taiwanischer Spitzenpolitiker mit westlichen Politikern als Abkehr vom Ein-China-Prinzip an. Dazu haben sich die USA, unter anderem aber auch Deutschland bekannt. So verzichtet Deutschland auf offizielle Begegnungen der Bundestagspräsidentin mit der taiwanischen Führung. Treffen etwa von Fachministern oder Abgeordneten werden dagegen als unproblematisch angesehen, auch wenn die Volksrepublik ebenfalls gegen diese Gespräche protestiert.

Als Reaktion auf die Zusammenkunft McCarthys mit Tsai habe die Regierung in Peking den chinesischen Flugzeugträger Shandong in ein Seegebiet etwa 370 Kilometer vor Taiwans Ostküste geschickt, sagte Taiwans Verteidigungsminister Chiu Kuo-cheng. Bisher seien keine Starts vom Deck des Schiffes beobachtet worden. Später erklärte er, der Flugzeugträger befinde sich östlich der Südspitze Taiwans und werde von taiwanischen Kriegsschiffen in einer Entfernung von fünf bis sechs Seemeilen beobachtet.

Das japanische Verteidigungsministerium erklärte, der chinesische Marine-Verband bestehe aus drei Schiffen, darunter eine Fregatte und ein Begleitschiff. Der Verband werde von einem japanischen Kriegsschiff überwacht. China hatte im vergangenen August umfangreiche Manöver rund um Taiwan durchgeführt, nachdem die damalige Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, die Hauptstadt Taipeh besucht hatte.

Appelle an Schiffskapitäne

Nach der Ankündigung Chinas, Schiffe in der Straße von Taiwan zu inspizieren, rief Taiwan die Reedereigesellschaften auf, auf entsprechende Anfragen nicht einzugehen. Vielmehr sollten betroffene Schiffskapitäne sich umgehend an die taiwanische Küstenwache wenden und um Unterstützung bitten. Der taiwanische Aktienmarkt reagierte am Donnerstag weitgehend gelassen auf die jüngsten Spannungen, und der Leitindex TWII schloss mit einem Minus von 0,4 Prozent.

Parallel zu den Spannungen um Taiwan führen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Donnerstag Gespräche mit Chinas Präsident Xi Jinping. Während Macron auf Aufträge für die französische Wirtschaft hofft, hatte sich von der Leyen vor der gemeinsamen Visite kritischer gegenüber der kommunistischen Führung in Peking geäußert. Auch der Ukraine-Krieg soll Thema sein. Außerdem dürfte auch die aktuelle Entwicklung rund um Taiwan angesprochen werden.