Die Allianz schickt den Chef der größten Oppositionspartei CHP, Kemal Kilicdaroglu, ins Rennen gegen Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan, wie der Vorsitzende der Saadet-Partei, Temel Karamollaoglu, Montagabend in Ankara ankündigte. Umfragen deuten auf einen engen Wahlausgang hin.
"Kemal Kilicdaroglu ist unser Präsidentschaftskandidat", verkündete Karamollaoglu im Beisein der Vorsitzenden der fünf anderen Parteien, darunter auch Kilicdaroglu. "Wir wären eliminiert worden, wenn wir uns gespalten hätten", sagte der 68-jährige Kilicdaroglu nach der Bekanntgabe vor jubelnden Anhängern in Ankara. Er versprach, das Land im Falle eines Wahlsieges gegen Erdogan "auf der Grundlage von Konsultationen und Kompromissen zu führen". "Recht und Gerechtigkeit werden sich durchsetzen", fügte er hinzu.
Bündnis doch zusammengefunden
Das Bündnis hatte sich lange nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen können; in den vergangenen Tagen hatte sich sogar ein Zusammenbruch der Allianz angedeutet. Fünf Parteien wollten Kilicdaroglu ins Rennen gegen Erdogan schicken. Die Vorsitzende der nationalistischen Iyi-Partei, Meral Aksener, favorisierte hingegen die Bürgermeister der Metropolen Istanbul und Ankara, Ekrem Imamoglu und Mansur Yavas, die ebenfalls der sozialdemokratischen CHP angehören.
Die beiden Bürgermeister hatten am Wochenende erklärt, dass sie die Kandidatur ihres Parteichefs unterstützen. Am Montag kamen Imamoglu und Yavas dann mit Aksener zusammen, um sie davon zu überzeugen, das Bündnis aus sechs Oppositionsparteien weiter zu unterstützen.
Wahl drei Monate nach dem Erdbeben
Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Türkei sind für den 14. Mai angesetzt – gut drei Monate nach dem verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet mit mehr als 45.000 Toten allein in der Türkei. Erdogan strebt eine weitere Amtszeit an. Die Opposition wirft ihm unter anderem vor, das Land nicht ausreichend auf Erdbeben vorbereitet zu haben. Ein Auseinanderbrechen des Oppositionsbündnisses hätte Erdogan in die Karten gespielt.
Schon vor der Erdbebenkatastrophe hatte der Präsident, der das Land seit 20 Jahren lenkt, eine Reihe von Krisen gleichzeitig zu bewältigen. Seine Wirtschaftspolitik setzte eine Inflationsspirale in Gang, die die Preise vergangenes Jahr um 85 Prozent ansteigen ließ. Zudem kämpft seine Regierung gegen Vorwürfe der Freunderlwirtschaft und Korruption an.