Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat China im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine kritisiert und Peking dazu aufgerufen, sich gegenüber Moskau für einen Truppenabzug im Nachbarland einzusetzen. "Nutzen Sie Ihren Einfluss in Moskau, um auf den Rückzug russischer Truppen zu drängen! Und: Liefern Sie keine Waffen an den Aggressor Russland!", sagte Scholz am Donnerstag bei seiner Regierungserklärung im Bundestag ein Jahr nach seiner Zeitenwende-Rede.

Scholz lobte zwar, dass sich Chinas Präsident Xi Jinping "unmissverständlich gegen jede Drohung mit Atomwaffen oder gar deren Einsatz im Krieg Russlands gegen die Ukraine" gestellt habe. Das habe zur Deeskalation beigetragen. Es sei gut, dass China die klare Botschaft gegen den Einsatz von Nuklearwaffen jüngst in seinem 12-Punkte-Plan wiederholt habe. Er nannte es aber "enttäuschend", dass Peking beim jüngsten Treffen der G20-Finanzminister in Indien nicht mehr bereit gewesen sei, zu bekräftigen, was noch beim G20-Gipfel im vergangenen Jahr auf Bali Konsens gewesen sei: "eine klare Verurteilung des russischen Angriffs."

"Friedensliebe heißt nicht Unterwerfung"

Der deutsche Kanzler wies innerdeutsche Kritik an Waffenlieferungen an die Ukraine zurück. Es werde keinen Friedensschluss über die Köpfe der Ukrainer hinweg geben, sagte er. "Man schafft auch keinen Frieden, wenn man hier in Berlin 'Nie wieder Krieg' ruft – und zugleich fordert, alle Waffenlieferungen an die Ukraine einzustellen", sagte er. "Friedensliebe heißt nicht Unterwerfung unter einen größeren Nachbarn. Würde die Ukraine aufhören, sich zu verteidigen, dann wäre das kein Frieden, sondern das Ende der Ukraine."

In der sogenannten Zeitenwende-Rede hatte Scholz am 27. Februar 2022 – drei Tage nach Kriegsbeginn – in einer Sondersitzung des Bundestags ein 100-Milliarden-Programm zur Aufrüstung der Bundeswehr ankündigt. Bereits am Vortag waren die ersten Waffenlieferungen an die Ukraine für den Abwehrkampf gegen Russland beschlossen worden – ein Tabubruch.

In der Regierungserklärung am Donnerstag bekräftigte Scholz, Deutschland werde das 2-Prozent-Ziel der Nato bei den Verteidigungsausgaben dauerhaft erreichen. "Diese Zusage, die ich hier am 27. Februar vergangenen Jahres gegeben habe, gilt", sagte Scholz im Bundestag. In der deutschen Ampel-Koalition und auch innerhalb der SPD wird noch diskutiert, ob zusätzlich zum 100-Milliarden-Euro-Topf für die Bundeswehr – einem sogenannten Sondervermögen – auch der reguläre Verteidigungshaushalt um weitere Milliarden erhöht werden soll.

Russland will enger mit China zusammenarbeiten

Russland will die Zusammenarbeit mit China umfassend ausbauen. Außenminister Sergej Lawrow sprach bei einem Treffen mit seinem neuen chinesischen Kollegen Qin Gang am Donnerstag in Indiens Hauptstadt Neu-Delhi von "weitreichenden Plänen zur Entwicklung unserer bilateralen Zusammenarbeit". Beide Länder seien ein "Stabilitätsfaktor im System der internationalen Beziehungen", sagte Lawrow nach einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Interfax.

Das Gespräch am Rande eines Treffens der Außenminister der G20-Nationen großer Wirtschaftsmächte war die erste persönliche Begegnung zwischen Lawrow und Qin Gang. Russland hofft auf Unterstützung aus China für seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine, auch mit Waffenlieferungen. Peking hatte vergangene Woche ein Positionspapier zum Krieg veröffentlicht, das im Westen mit Enttäuschung aufgenommen wurde. Die USA warnten China vor Rüstungsgeschäften mit Russland.