"Hängt Mike Pence!" Die von Trumps Anhängern wütend gebrüllten Lynchfantasien und dessen Weigerung, dem Mob Einhalt zu gebieten, dürften der wichtigste Grund für das Zerwürfnis zwischen Donald Trump und dessen damaligen Vize Mike Pence (63) sein. Es ist nur einer der Nebenschauplätze des Sturms auf das Kapitol am 6. Jänner 2021, mit dessen Aufarbeitung sich die USA weiterhin schwerzutun scheinen.
Nach seiner Wahlniederlage hatte Trump von Pence verlangt, die Stimmen der Wahlmänner – entgegen der Verfassung – nicht anzuerkennen. Pence weigerte sich und galt deswegen unter Trump-Anhängern fortan als "Verräter". Erkenntnissen des U-Ausschusses zufolge soll Trump die Drohungen an Pence mit den Worten "vielleicht haben unsere Anhänger die richtige Idee" quittiert haben. Dabei galt der erzkonservative evangelikale Politiker lange als loyaler Unterstützer seines damaligen Chefs.
Kandidiert Pence selbst?
Bereits kurz nach dem 6. Jänner wurden Mike Pence selbst Ambitionen auf das höchste Amt nachgesagt. Diese wurden am Montag erneut befeuert, als Medien über Formulare für eine Kandidatur, die im Namen Pence eingereicht worden waren, berichteten. Pence' Berater dementierte. Eine Kandidatur wäre ein weiterer Rückschlag für Trump, der – dem Schmelzen der Unterstützung bei den Republikanern und allen strafrechtlich relevanten Vorwürfen zum Trotz – noch ein Mal Präsident werden will.
Radikale Positionen
Politisch vertreten Trump und Pence ähnliche Positionen, auch wenn Religiosität für Pence wichtiger ist. So beklagte er etwa, dass die biblische Schöpfungslehre nicht im Biologieunterricht vorkommt. Er vertritt die Lehre des Wohlstandsevangeliums: Reichtum und Armut gelten demnach als Beweis für Gottes Gunst – oder dem Fehlen dieser.
Bei den in den USA omnipräsenten Themen Migration, Abtreibung und Waffen gilt der frühere Gouverneur von Indiana als Hardliner. Das zeigte sich etwa auch beim kulturell aufgeladenen Thema der LGBTQ-Rechte oder beim Klimawandel, den er immer wieder öffentlich anzweifelte. Beobachter sehen in Pence eine treibende Kraft hinter der Abkehr der Republikaner vom überparteilichen Bekenntnis zum Klimaschutz.