Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Evelyn Regner (SPÖ), hat sich für strengere Registrierungspflichten für Lobbyisten und für bessere Kontrollen im Gefolge des massiven Korruptionsskandals im EU-Parlament ausgesprochen. Regner plädierte am Mittwoch in einem Online-Pressegespräch dafür, dass sich auch staatliche Vertreter registrieren müssen. Parlamentarische Freundschaftsgruppen mit Golfstaaten sollten aufgelöst werden. "In Summe sind mehr Kontrollen notwendig."

Mehr Zeit und Kontrollen

Mehr Zeit sei notwendig, um sich den Fall rund um die wegen des Verdachts der Bestechlichkeit als Vizepräsidentin des EU-Parlaments abgesetzte griechische, sozialistische Politikerin Eva Kaili und andere Politiker anzuschauen und Konsequenzen zu ziehen, sagte Regner. An und für sich habe das EU-Parlament bereits sehr gute Regeln, Lobbyisten müssten sich grundsätzlich eintragen lassen. Regner forderte auch eine Ausweitung des EU-Transparenzregisters für Lobbyisten auf den EU-Rat.

Über den Bestechungsskandal zeigte sich die SPÖ-Politikerin "wütend" und "entsetzt". Er sei "ein Angriff auf die europäische Demokratie, auf die europäischen Werte, auf das, was Europa letztlich stark macht". Über die Hintergründe der mutmaßlichen Bestechungsgelder aus Katar gebe es derzeit maximal Vermutungen, so Regner. So werde untersucht, ob auch eine Abstimmung zur Visaliberalisierung für Katar beeinflusst werden sollte. Weitere Büros von parlamentarischen Mitarbeitern seien versiegelt worden, um mögliche Beweismittel zu sichern. Auch in der sozialdemokratischen S&D-Fraktion werde jetzt aufgearbeitet, wer sich in solchen Fragen gemäßigter als üblich zu Wort gemeldet habe, sagte Regner.

Parlamentarische Anfrage wegen "Qatar Airways"

Sie selbst habe vor mehr als zehn Jahren eine parlamentarische Anfrage zu den Arbeitsbedingungen bei "Qatar Airways" an die EU-Kommission und den EU-Rat gerichtet, erzählte die EU-Abgeordnete. Danach habe sie zunächst eine Einladung in das Golfemirat und anschließend einen "Drohbrief" erhalten, Details wollte Regner dazu aber vorerst nicht nennen.

Regner plädierte dafür, trotz des aktuellen Korruptionsskandals die in diesem Jahr erzielten Fortschritte der EU vor allem in Gleichstellungsfragen nicht zu übersehen. Als derartige "Mosaiksteine", die es zusammenzuführen gelte, nannte Regner die Richtlinie für Frauen in Aufsichtsräten, die EU-Mindestlohnrichtlinie, ein Gewaltschutzpaket, die Verhandlungen zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen für Plattform-Arbeiterinnen und -Arbeiter sowie die EU-Lohntransparenzrichtlinie. Die genannten EU-Gesetze würden für das alltägliche Leben vieler Menschen, vor allem für Frauen, Verbesserungen bringen.