Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat sich angesichts des Korruptionsskandals um eine mutmaßliche Einflussnahme des Golfemirats Katars auf EU-Abgeordnete abwartend gezeigt. "Das wäre ein veritabler Skandal, wenn sich das bewahrheiten sollte", sagte Schallenberg am Rande eines Treffens der EU-Außenminister in Brüssel. "Aber wir sind Rechtsstaaten, wir sollten jetzt die Justiz arbeiten lassen, möglichst schnell hier für Aufklärung sorgen", fügte er hinzu.
"Herzensinstitution der europäischen Demokratie"
Es gehe "immerhin um die Herzensinstitution der europäischen Demokratie". Auf die Frage, ob die EU härter gegen Katar in Sachen Energielieferungen vorgehen sollte, erklärte der Außenminister: "Ich würde auch nicht ausschließen, falls sich das dann bewahrheitet, dass wir hier entsprechende Schritte setzen." Aber "warten wir einmal ab, was die Justiz wirklich etabliert, bevor wir politisch voreilige Schritte ziehen".
Deutlicher äußerte sich seine deutsche Amtskollegin Annalena Baerbock. "Das ist wirklich ein unglaublicher Vorfall. Der muss jetzt ohne Wenn und Aber aufgeklärt werden mit der vollen Härte des Gesetzes", sagte Baerbock am Montag in Brüssel laut Deutscher Presse-Agentur. In dem Fall gehe es auch um die Glaubwürdigkeit Europas. "Und entsprechend müssen dann in unterschiedlichen Bereichen Konsequenzen folgen", sagte sie. Details dazu nannte Baerbock nicht.
"Wir sind davon nicht betroffen"
Nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell gibt es unterdessen bisher keine Hinweise auf eine Verwicklung von EU-Diplomaten in die Korruptionsvorwürfe. "Wir sind davon nicht betroffen", sagte der Spanier am Montag in Brüssel. Niemand aus dem Auswärtigen Dienst oder den EU-Vertretungen im Ausland werde im Zusammenhang mit den Geschehnissen genannt, so Borrell.
Auf die Frage, ob der Skandal Auswirkungen auf die Beziehungen der EU zu Katar haben werde, sagte Borrell, er müsse auf Grundlage eindeutiger Beweise handeln. Derzeit laufe ein Verfahren und er könne nicht weiter gehen als die Justizbehörden. Über die Vorwürfe an sich zeigte sich Borrell allerdings bestürzt. "Die Nachrichten sind sehr, sehr besorgniserregend", sagte er.
Im Zuge von Ermittlungen zu einer möglichen Einflussnahme Katars auf Politikerinnen und Politiker waren am Freitag die griechische EU-Parlamentsvizepräsidentin Eva Kaili und mehrere Parlamentsmitarbeiter festgenommen worden. Kaili steht unter Verdacht, dass sie Geld kassiert hat, damit sie für das WM-Gastgeberland Einfluss auf politische Entscheidungen nimmt.
So wird derzeit beispielsweise auf EU-Ebene in Erwägung gezogen, die Visa-Regeln für Staatsbürger von Katar zu erleichtern.