Nicht nur in Österreich lässt der Wolf die Wogen hochgehen, auch auf EU-Ebene: Das EU-Parlament hat am Donnerstag im Plenum in Straßburg eine rechtlich nicht-bindende Resolution zu dem umstrittenen Tier verabschiedet, in der die Mehrheit der EU-Abgeordneten unter anderem eine "Abschwächung des Schutzstatus" fordert. Während die Konservativen und Rechten sich zufrieden zeigten, kam seitens der Grünen scharfe Kritik.

Nach Wunsch der EU-Abgeordneten soll es einfacher werden, den Wolf zu schießen. Dies würde der Erhaltungszustand des Wolfs auf gesamteuropäischer Ebene rechtfertigen, wie das EU-Parlament mitteilte. Die EU-Mandatare fordern die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten außerdem auf, "wissenschaftlich zu ermitteln, welche Präventivmaßnahmen am besten geeignet sind, um Angriffe zu reduzieren". Auch pochen sie auf ausreichende Gelder für Präventivmaßnahmen und Schadensbegrenzung.

Freude bei der ÖVP

Freude herrschte unter den EU-Abgeordneten der ÖVP. Von einem "klaren Erfolg für die heimische Landwirtschaft" sprach ÖVP-Landwirtschaftssprecherin Simone Schmiedtbauer in einer Aussendung. "Damit hat die Stimme der Vernunft und der Wissenschaft gesiegt." Ihren Angaben nach nahmen die Wolfsattacken im vergangenen Jahr um 230 Prozent zu: "Die damit einhergehenden Verluste, emotionalen Belastungen und das große Tierleid durch Wolfsangriffe werden in dem heute beschlossenen Text endlich anerkannt", so Schmiedtbauer.

Der steirische Agrarlandesrat Hans Seitinger begrüßte die Abstimmung. „Das ist ein Lichtblick für unsere Almbauern. Mit dem heutigen Beschluss ist endlich Bewegung in die Diskussion auf der entscheidenden europäischen Ebene gekommen. Diese Entscheidung ist somit eine Motivation für die verzweifelten Almbauern, die Bewirtschaftung dieser bedeutenden Kulturlandschaft weiterzuführen“, so Seitinger. Viele Bauern, die bisher Tiere durch Wolfsrisse verloren haben, seien bereits im Begriff gewesen, die Bewirtschaftung der rund 1.700 steirischen Almen aufzugeben. 

Auch der freiheitliche EU-Abgeordnete Roman Haider begrüßte die Entschließung."Zusammen mit der Aufforderung der 17 Mitgliedsstaaten bei der letzten Ratssitzung, die in die gleiche Richtung geht, steigt damit der Druck auf die Kommission, endlich tätig zu werden", betonte Haider in einer Aussendung. Erfreut reagierte auch der Verband Jagd Österreich, dessen Präsident Josef Pröll sich zuversichtlich zeigte, dass die EU-Kommission den absoluten Schutzstatus des Wolfes überdenken wird.

Kritik

Kritik an der Resolution übte der grüne Europaabgeordnete Thomas Waitz. "Es geht der ÖVP und den konservativen Parteien nicht um eine gemeinsame Suche nach Lösungen für die Bergbäuer*innen und die Almwirtschaft, sondern um Panikmache und eine Schwächung von Naturschutz", kritisierte Waitz in einer Mitteilung. Ein Aufschnüren der entsprechenden Richtlinie "gefährdet nicht nur den Schutzstatus vieler Tierarten in Europa, sondern auch andere Naturschutz-Errungenschaften wie die Natura 2000 Gebiete".

Auch Tierschutz Austria ist mit der Resolution nicht einverstanden. Der Abschuss von Problemwölfen sei faktisch nicht umsetzbar, so Tierschutz-Austria-Präsidentin Madeleine Petrovic. Kein Wolf hätte ein Schild mit "Problemwolf" umgehängt. Der Wolf befinde sich in der EU großteils immer noch in einem "ungünstigen Erhaltungszustand" und sei gefährdet, ganz besonders in Österreich, wo die Art "weiterhin vom Aussterben bedroht" sei. Kritik kommt auch vom WWF: "Luchse, Wölfe und Bären sind wichtig für die Artenvielfalt und spielen eine Schlüsselrolle für gesunde Ökosysteme", so WWF-Ökologe Christian Pichler, der betonte, dass der Schutz dieser Tierarten verbessert, nicht ausgehebelt werden müsse.

Der Umgang mit dem Wolf in der EU ist seit 30 Jahren in der sogenannten Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH), die den Artenschutz gewährleisten soll, geregelt. Der Wolf ist darin als "streng zu schützende Tierart von gemeinschaftlichem Interesse" gelistet und darf damit nur in ganz wenigen Ausnahmen abgeschossen ("entnommen") werden. Für eine Änderung der FFH-Richtlinie bedarf es der Zustimmung aller 27 EU-Staaten, zuständig dafür sind die Umweltminister, somit Ressortchefin Leonore Gewessler (Grüne). In Österreich liegt der Vollzug der EU-Richtlinie bei den Ländern.

31 Wölfe in Österreich nachgewiesen

In Österreich wurden laut dem "Österreichzentrum Bär Wolf Luchs" mit Stand August 31 Wolfsindividuen nachgewiesen – Tendenz steigend. Gerissen wurden demnach bis zum Sommer insgesamt 489 Schafe und Ziegen sowie ein Rind. Laut Landwirtschaftsministerium gab es 2021 rund 680 Risse von Nutztieren und 2020 rund 330 Risse. In Europa liegt die Zahl der Wölfe bei schätzungsweise 17.000.