Nordkorea hat laut Angaben des südkoreanischen Militärs offenbar wieder eine atomwaffenfähige Rakete mit mehreren tausend Kilometern Reichweite abgefeuert. Das Militär habe am Freitag den Start einer ballistischen Rakete in Nordkorea erfasst, die in Richtung des Japanischen Meers (koreanisch: Ostmeer) geflogen sei, teilte der Generalstab in der Hauptstadt Seoul mit. Rund 210 km westlich der japanischen Hauptinsel Hokkaido soll die Rakete ins Meer gefallen sein.
Der japanische Ministerpräsident Fumio Kishida, der sich zur Zeit beim APEC-Gipfel im thailändischen Bangkok aufhält, verurteilte den erneuten Raketenabschuss aufs Schärfste. Nordkoreas Provokationen seien "nicht hinnehmbar", sagte Kishida laut japanischen Medien. US-Vizepräsidentin Kamala Harris berief in Bangkok kurzfristig ein Dringlichkeitstreffen mit den Spitzenvertretern von Japan und Südkorea ein. Auch Australien, Kanada und Neuseeland sollten daran teilnehmen.
Interkontinentalrakete
Bei dem Geschoss handelte es sich nach südkoreanischen und japanischen Angaben vermutlich um eine Interkontinentalrakete (ICBM). Sie sei wahrscheinlich innerhalb Japans exklusiver Wirtschaftszone im Meer niedergegangen, wurde Kishida zitiert. Es gebe aber keine Berichte über Schäden an Flugzeugen oder Schiffen. Von südkoreanischer Seite waren zunächst keine Details zur Flugdauer und Weite bekannt.
Laut UN-Resolution verboten
UNO-Resolutionen verbieten der selbst erklärten Atommacht Nordkorea die Erprobung von ballistischen Raketen jeglicher Reichweite, die je nach Bauart einen oder mehrere atomare Gefechtsköpfe tragen können. Zu ICBM zählen Raketen mit einer Reichweite von mindestens 5.500 Kilometern. Die Entwicklung strategischer Raketen mit großen Reichweiten richtet sich dabei besonders gegen die USA, denen Pjöngjang eine feindselige Politik vorwirft.
Südkoreas Militär geht davon aus, dass das abgeschottete Nachbarland zuletzt Anfang November eine ICBM abgeschossen hat. Damals soll es nach der Startphase zu Problemen gekommen sein. Nach Angaben der Regierung in Tokio verschwand die Rakete über dem Japanischen Meer vom Radar.
Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel nehmen derzeit wieder deutlich zu. Seit Beginn des Jahres gab es bereits mehr als 50 nordkoreanische Raketentests - allein Anfang November erfasste Südkoreas Militär mehr als 25. Die jüngsten Raketentests wurden auch als Reaktion auf gemeinsame Manöver der südkoreanischen und amerikanischen Streitkräfte gesehen. Experten befürchten, dass sich die Spannungen weiter hochschaukeln und schon geringste Fehlkalkulationen auf einer der beiden Seiten gefährlichste Konsequenzen nach sich ziehen könnten.