Im Verteidigungskrieg gegen Russland sind auf ukrainischer Seite auch schwere Waffen im Einsatz, die vor wenigen Jahren noch in österreichischen Kasernen standen. Es handelt sich um die Panzerhaubitze M109A5Ö, ein selbstfahrendes Artilleriegeschütz aus US-amerikanischer Produktion. Die Reichweite beträgt je nach Munition 22 bis 28 Kilometer.
Im Zuge einer Heeresreform unter Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) hat das Bundesheer ab 2012 seine schweren Waffensysteme um rund zwei Drittel reduziert, von den Panzerhaubitzen blieb gar nur ein Viertel übrig. 47 der noch in den Jahren 2003 bis 2007 in der Heereszeuganstalt Klagenfurt aufwendig generalsanierten und modernisierten Panzerhaubitzen wurden 2017 um rund sechs Millionen Euro nach Lettland verkauft, weitere 18 Stück gingen erst im Juli des Vorjahres um kolportierte zwei Millionen Euro an den baltischen Nato-Staat. Dieser beabsichtigte mit den selbstfahrenden Artilleriegeschützen seine Verteidigung gegenüber Russland zu stärken. Die Ausbildung auf dem für sie neuen System erhielten die lettischen Soldaten in Österreich.
Verschrottet und verkauft
Das Bundesheer verfügt laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung durch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner vom Mai derzeit noch über 53 Stück der M109A5Ö (das Ö steht für die Österreich-Version), sie sind bei den Aufklärungs- und Artilleriebataillonen AAB4 in Mistelbach und AAB7 in Feldbach stationiert. Der nicht verkaufte Rest wurde demilitarisiert und verschrottet, verwertbare Einzelteile weiterverkauft.
Wenige Monate nach dem Beginn des Ukraine-Krieges hat Lettland dem von Russland angegriffenen Staat mindestens sechs der früheren Bundesheer-Haubitzen samt Munition überlassen. Am 15. August bedankte sich der ukrainische Verteidigungsminister Oleksii Reznikov auf Twitter für die Lieferung und schrieb, die Haubitzen "zeigen bereits Resultate auf dem Schlachtfeld". Sein lettischer Amtskollege Artis Pabriks sprach von einem "effektiven Geschenk".
Hat Österreich seine militärische Neutralität durch den Waffenverkauf verletzt? Nein, weil die Lieferverträge mit Lettland vor der Eskalation des russisch-ukrainischen Konflikts abgeschlossen wurden. Laut österreichischem Verteidigungsministerium wurde bei dem Verkauf auch die Endverbraucher-Linzenz an das Herstellerland USA zurückgegeben. Damit liegt die Entscheidung für die Weiterverwendung der M109A5Ö bei den Amerikanern. Österreich und das Bundesheer haben damit nichts mehr zu tun.