Truss bekräftigte das Eingeständnis, Fehler gemacht zu haben. Die erst seit sechs Wochen amtierende britische Premierministerin hatte ursprünglich die Wirtschaft mit schuldenfinanzierten Steuersenkungen ankurbeln wollen und damit ein Beben am Finanzmarkt ausgelöst.
Die britische Notenbank sah sich gezwungen, mit Anleihenkäufen zu intervenieren. Truss feuerte daraufhin ihren Finanzminister, dessen Nachfolger Jeremy Hunt kündigte am Montag eine Kehrtwende in der Finanzpolitik der Regierung an.
Spekulationen um Rücktritt
"Ich habe deutlich gemacht, dass es mir leidtut", sagte Truss im Parlament. Trotz ihres Kurswechsels halten sich jedoch Spekulationen, die Nachfolgerin von Boris Johnson stehe vor dem Aus. Nach Medienberichten wird in den Reihen der Tories ventiliert, wer Truss ersetzen könnte. "Ich denke, dass ihre Lage zunehmend unhaltbar wird", sagte der konservative Abgeordnete Steve Double der "Times".
Truss kündigte an, staatliche Pensionen würden der Inflation angepasst. Ihre Minister hatten es bisher abgelehnt, einen Inflationsausgleich in der Altersvorsorge zu garantieren und waren dafür massiv kritisiert worden. Sie lehnte es jedoch ab, die gleiche Zusicherung für Sozialleistungen und Entwicklungshilfen für das Ausland zu geben. In Umfragen liegen die Konservativen etwa 30 Prozentpunkte hinter der oppositionellen Labour Party. Die Umfragewerte von Truss selbst sind katastrophal.
Zerwürfnisse in der Partei
Mit Teilen ihrer Partei liegt die Premierministerin auch beim Thema Fracking über Kreuz. Im vergangenen Monat hatte die Regierung ein seit 2019 bestehendes Fracking-Moratorium ausgesetzt. Noch am Mittwoch will sie Details vorstellen, die Gemeinden in die Lage versetzen sollen, über die Genehmigung der umstrittenen Methode zur Gasförderung zu entscheiden. Damit will sie ihren parteiinternen Gegnern entgegenkommen. Gleichzeitig will Labour über ein Fracking-Verbot abstimmen lassen. Beobachter werten den Ausgang der Abstimmung als Gradmesser für das Vertrauen in Truss.
Vorwürfen, sie habe die Wirtschaft des Landes an die Wand gefahren, trat die Premierministerin in der Fragestunde mit der Feststellung entgegen, die wirtschaftliche Lage sei allgemein schwierig. Dafür erntete sie wütende Zwischenrufe von den Oppositionsbänken.
Erspart blieb der schwer in die Defensive geratenen Regierungschefin immerhin Kritik aus den eigenen Reihen. Spekulationen, sie könnte sich die Loyalität der Brexit-Hardliner mit einer harten Linie gegenüber Brüssel im Streit um den Status für Nordirland erkauft haben, schienen sich zu bestätigen. Truss versicherte auf Nachfrage eines Abgeordneten, sie wolle an einem Gesetzesentwurf festhalten, mit dem die als Nordirland-Protokoll bezeichnete Abmachung aus dem Brexit-Vertrag ausgehöhlt werden soll.