Inmitten des Ukraine-Krieges feiert die Welt nächste Woche Friedensstifter und Weltverbesserer. Ab Montag werden in Stockholm und Oslo die Trägerinnen und Träger der diesjährigen Nobelpreise bekannt gegeben. Dem für Frieden kommt angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine dieses Jahr besondere Bedeutung zu.
Hochspannung vor Friedensnobelpreis
Die Vergabe der renommierten Auszeichnungen startet in Stockholm mit dem Preis für Medizin, gefolgt von Physik am Dienstag, Chemie am Mittwoch und Literatur am Donnerstag. Der mit großer Spannung erwartete Friedensnobelpreisträger wird am Freitag in Oslo verkündet. Der Wirtschaftspreis - der einzige, der nicht im Testament des schwedischen Erfinders Alfred Nobel vorgesehen war - schließt die Vergabe am 10. Oktober ab.
Die Frist für die Nominierung von Friedensnobelpreisträgern endete am 31. Jänner - also knapp einen Monat vor Beginn des russischen Einmarschs in die Ukraine. Dennoch könnte der Preis ein Signal an Moskau sein, denn die fünf Mitglieder des norwegischen Nobelpreiskomitees konnten Ende Februar auch eigene Vorschläge einbringen. Die Liste der Nominierten ist geheim; bekannt ist nur, dass dieses Jahr die Namen von 343 Personen und Organisationen eingereicht wurden.
"Höchstwahrscheinlich wird es sich um einen Preis zur Unterstützung von Institutionen handeln, die Informationen über Kriegsverbrechen sammeln", sagt der schwedische Professor Peter Wallensteen, ein Experte für internationale Angelegenheiten. Preisträger in diesem Sinne könnten der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag oder das investigative Recherchenetzwerk Bellingcat sein. Als weitere Preisträger werden der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny und die weißrussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja gehandelt.
"Einige Leute denken, es wäre die stärkste Aussage zum Zustand der Welt, den Preis gar nicht zu vergeben", sagt Wallensteen. Findet sich kein würdiger Empfänger, kann das Nobelkomitee auf die Verleihung des Friedenspreises verzichten. Das war zuletzt vor 50 Jahren der Fall.
Dan Smith, Direktor des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI, hält es jedoch auch für möglich, dass das Nobelkomitee die Klimakrise in den Fokus rückt - zum Beispiel mit der Auszeichnung von Umweltaktivisten wie der Schwedin Greta Thunberg, der Sudanesin Nisreen Elsaim, dem Ghanaer Chibeze Ezekiel oder dem britischen Naturforscher und Tierfilmer David Attenborough.
Der Literaturnobelpreis ist in der Regel weniger politisch. Aber dieses Jahr könnte auch diese Auszeichnung eine deutliche Botschaft an die russischen Kriegsherrn sein. Die unverblümte Kreml-Kritikerin Ljudmila Ulitzkaja war in den vergangenen Jahren bereits als Kandidatin gehandelt worden. In Anbetracht des Krieges könnte die russische Autorin nach Einschätzung von Literaturkritikern dieses Jahr den Preis tatsächlich bekommen.
Stechen populäre Anwärter?
Mehrere andere Anwärter - Joan Didion aus den USA, die Britin Hilary Mantel und der Spanier Javier Marías - starben allesamt in den vergangenen Monaten. 2020 und 2021 entschied sich die Schwedische Akademie, mit dem Preis wenig bekannte Autoren ins Rampenlicht zu stellen. Bleibt abzuwarten, ob sie sich diesmal für einen populäreren Preisträger entscheidet. Als mögliche Gewinner werden wieder einmal die US-Romanautorin Joyce Carol Oates und der Japaner Haruki Murakami gehandelt, außerdem die Franzosen Michel Houellebecq und Annie Ernaux.
Der Preis für Medizin könnte Fortschritte bei der Behandlung von Brustkrebs und bei pränatalen Biopsien auszeichnen oder die neuen mRNA-Impfstoffe.
Revolutionäre Anwendungen von Licht in der Physik und die Pioniere der bioorthogonalen Chemie, die sich auf Reaktionen in einem lebenden System konzentriert, die dessen Biochemie nicht stören, gelten als potenzielle Gewinner in diesen Fachbereichen. Jeder Preis ist mit zehn Millionen schwedischen Kronen (913.770 Euro) dotiert.