Die Mitte-Rechts-Allianz um die Rechtsaußen-Politikerin Giorgia Meloni ist klarer Sieger bei den Parlamentswahlen in Italien. Meloni erhob in der Nacht auf Montag bereits Anspruch auf die Regierungsbildung. Ihr Mitte-Rechts-Block dürfte laut Hochrechnungen auf rund 44 Prozent der Stimmen kommen. Das dürfte dank des Wahlrechts in beiden Kammern des Parlaments für eine bequeme Mehrheit reichen.
Laut Prognosen des öffentlich-rechtlichen Senders RAI am Montag kommt das Mitte-Rechts-Lager in der Abgeordnetenkammer auf 232 bis 252 der insgesamt 400 Mandate, im Senat auf 114 bis 126 der insgesamt 200 Sitze. Wie erwartet gewann der geeinte Rechtsblock viele der nach Mehrheitswahlrecht vergebenen Sitze.
"Nacht der Erlösung"
Meloni sah bereits in der Nacht den Regierungsauftrag beim rechten Lager unter Führung ihrer Partei. Auf Grundlage der Hochrechnungen lasse sich sagen, dass die Italiener an den Wahlurnen ein klares Zeichen gesendet hätten, sagte Meloni in Rom. Sie sprach von einer "Nacht des Stolzes" und einer "Nacht der Erlösung".
Zu ihren Anhängern sagte sie, man sei nicht am Ziel angelangt, sondern stehe am Beginn eines Aufbruchs. Nun sei Einigkeit gefragt, um die vielen Probleme im Land anzugehen. "Wenn wir dazu aufgerufen werden, diese Nation zu regieren, werden wir dies für alle Italiener tun, mit dem Ziel, das Volk zu vereinen, das Verbindende zu fördern und nicht das Trennende", sagte Meloni vor Journalisten. Man werde das Vertrauen der Wähler nicht missbrauchen.
26 Prozent für FdI
Die Sozialdemokraten gestanden ihre Niederlage ein, der Partito Democratico wolle in die Opposition gehen, sagte die Fraktionschefin der Partei im Abgeordnetenhaus Debora Serracchiani.
Melonis postfaschistische Partei Brüder Italiens (FdI - Fratelli d ́Italia) dürfte mit knapp 26 Prozent der Stimmen klar stärkste Einzelpartei werden. Für die einstige Kleinpartei, die bei der Parlamentswahl 2018 noch 4,4 Prozent erreicht hatte, ist es ein Erdrutschsieg.
Italien wagt ein Abenteuer in Zeiten multipler Krisen
Der sozialdemokratische Partito Democratico (PD) von Ex-Premier Enrico Letta blieb mit 19,3 Prozent klar dahinter und unter den Erwartungen zurück. Auf Platz drei kam die Fünf-Sterne Bewegung mit mehr als 15 Prozent der Stimmen. Die mit Meloni verbündete Lega von Ex-Innenminister Matteo Salvini stürzte dagegen laut den Hochrechnungen auf unter 9 Prozent ab.
Zentrumspartei überrascht
Als Überraschung erwies sich die gute Leistung der liberalen Zentrumspartei Azione von Ex-Industrieminister Carlo Calenda im Bündnis mit der Mitte-Links-Partei Italia Viva von Ex-Premier Matteo Renzi, die 7,7 Prozent der Stimmen erobern könnte, was deutlich über den Erwartungen der Meinungsforschungsinstitute vor den Wahlen liegt. Die Forza Italia des viermaligen Regierungschefs Silvio Berlusconi dürfte nur auf rund 8 Prozent der Stimmen kommen, deutlich unter den Erwartungen Berlusconis, der auf ein zweistelligen Ergebnis gehofft hatte.
Die Beteiligung an der Parlamentswahlen erreichte einen historischen Tiefstand. 64 Prozent der Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab. Das sind zehn Prozent weniger gegenüber den letzten Parlamentswahlen im März 2018, teilte das italienische Innenministerium mit. Vor allem in Süditalien blieben die Wähler von den Wahllokalen fern.
Die vorgezogenen Parlamentswahl waren notwendig geworden, weil der frühere EZB-Präsident Mario Draghi im Juli nach dem Bruch seines breiten Regierungsbündnisses als Ministerpräsident zurückgetreten war. Die Parlamentswahlen fanden nach einem "Rosatellum" genannten komplizierten Wahlsystem statt. Es ist eine Mischung aus Mehrheits-und Verhältniswahlrecht.