Nach dem Untergang eines aus dem Libanon kommenden Flüchtlingsbootes vor der syrischen Küste ist die Zahl der Toten auf mindestens 94 gestiegen. Am Samstag seien insgesamt 17 Leichen geborgen worden, berichtete das syrische Staatsfernsehen. UNO-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi sprach von einer "herzzerreißenden Tragödie". Die Suche nach Vermissten dauerte weiter an.
20 Menschen konnten bisher gerettet werden. Mindestens 14 Überlebende wurden in syrischen Krankenhäusern behandelt, zwei von ihnen auf der Intensivstation, wie die amtliche syrische Nachrichtenagentur SANA meldete. Sechs Menschen konnten entlassen werden. Unter den Schiffbrüchigen sind nach Angaben des UNO-Kinderhilfswerks UNICEF auch zehn Kinder.
Die libanesische Armee teilte mit, sie habe einen Menschenschmuggler festgenommen. Der Mann habe zugegeben, die geplante Fahrt vom Libanon nach Italien auf dem Seeweg organisiert zu haben.
150 Flüchtlinge an Bord
An Bord des kleinen Bootes waren nach syrischen Angaben insgesamt etwa 150 Menschen, vor allem Libanesen und syrische sowie palästinensische Flüchtlinge. Es war am Donnerstag im Mittelmeer vor der Küste der südsyrischen Stadt Tartus gesunken. Sie liegt rund 50 Kilometer nördlich der libanesischen Hafenstadt Tripoli, die sich zu einem Zentrum der illegalen Migration entwickelt hat.
Im Verlauf der Rettungsaktion hatten offizielle Stellen die Opferzahlen mehrfach nach oben korrigieren müssen. So war am Freitag noch von 73 Toten die Rede gewesen.
Hoffnungslosigkeit im Libanon
Es ist das tödlichste Schiffsunglück zwischen Syrien und dem Libanon der vergangenen Jahre. "Niemand geht leichtfertig in diese Todesboote", sagte der Leiter des UNO-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA), Philippe Lazzarini. Es müsse mehr getan werden, um eine bessere Zukunft zu bieten und dem Gefühl der Hoffnungslosigkeit im Libanon und in der gesamten Region entgegenzuwirken.
Seit 2020 hat der Libanon einen sprunghaften Anstieg der Zahl der Migranten verzeichnet, die von seinen Küsten aus die gefährliche Überfahrt in überfüllten Booten nach Europa wagten. Ziel der meisten Boote ist das EU-Mitglied Zypern, das 175 Kilometer entfernt liegt.