Frauen, die in Ungarn abtreiben lassen wollen, müssen sich künftig die Herztöne des Embryos in ihrem Bauch anhören. Dies geht aus einer Verordnung von Innenminister Sándor Pintér hervor, die in der Nacht zum Dienstag im Ungarischen Amtsblatt erschien. Die Regelung tritt am Donnerstag in Kraft. In Ungarn gilt für Abtreibungen eine Fristenlösung. Frauen können sich bis zur zwölften Woche auf eine persönliche Krisensituation berufen.
Demnach muss eine Frau bei der Beantragung eines Abbruchs künftig eine fachärztliche Bescheinigung vorweisen, der zufolge ihr "die Faktoren, die auf das Vorliegen der Lebensfunktionen des Embryos hinweisen, auf eindeutige Weise zur Kenntnis gebracht wurden". Die auch im Ungarischen umständlich klingende juristische Formulierung bedeutet Medienberichten zufolge, dass sich Frauen vor dem Schwangerschaftsabbruch die Herztöne ihre Embryos anhören müssen.
Der seit 2010 regierende Ministerpräsident Viktor Orbán gibt sich gerne als Vorkämpfer für christliche Werte und für das Ideal der traditionellen Familie. Zugleich ist sich der Rechtspopulist des Umstands bewusst, dass ein nahezu umfassendes Abtreibungsverbot – wie im rechtsnational regierten Polen – in seinem Land äußerst unpopulär wäre. Die jüngste Verschärfung erhöht allerdings nach Einschätzung von Frauenrechtsorganisationen den Druck auf Frauen, die sich durch eine ungewollte Schwangerschaft ohnehin schon in einer äußerst schweren Lage befinden.
Die Idee, das Anhören der embryonalen Herztöne zur Bedingung für einen Schwangerschaftsabbruch zu machen, geht auf die rechtsextreme Partei Mi Hazánk (Unsere Heimat) zurück. Die Gruppierung zog nach der Wahl im vergangenen April erstmals ins Parlament ein. Obwohl zur Opposition gehörig, erhält sie in regierungsnahen Medien immer wieder Zuspruch und Unterstützung.
In Österreich sind Schwangerschaftsabbrüche nach einer Beratung in den ersten drei Monaten nach Empfängnis straffrei.