Liz Truss soll neue britische Premierministerin werden. Wie die regierenden Konservativen am Montag mitteilten, setzte sich die Außenministerin in einer parteiinternen Abstimmung gegen den früheren Finanzminister Rishi Sunak durch. Sie tritt die Nachfolge von Boris Johnson an der Partei- und damit auch Regierungsspitze an.
Die 47-Jährige setzte sich in einem über Wochen hinweg mit harten Bandagen geführten Wettstreit um die Führung der Konservativen Partei durch. Truss erhielt 57,4 Prozent der Stimmen, Sunak 42,6 Prozent. Wie in Großbritannien üblich, ist Truss als neue Vorsitzende automatisch auch als Regierungschefin gesetzt, da die Konservativen derzeit im Unterhaus die Mehrheit haben.
Schweres Erbe
Truss übernimmt ein schwieriges Erbe: Großbritannien ist mit einer galoppierenden Inflation konfrontiert und droht, in eine Rezession zu stürzen. Millionen Familien haben Angst, im bevorstehenden Winter ihre Strom- und Heizrechnungen nicht mehr bezahlen zu können. Hinzu kommen Unsicherheiten durch den Krieg in der Ukraine, die Coronapandemie und den Brexit.
Johnson hatte nach einer Reihe von Skandalen und Ministerrücktritten auf massiven Druck aus der Öffentlichkeit und der eigenen Partei im Juli seinen Rücktritt erklärt. Daraufhin begann bei den Konservativen die Nachfolge-Suche, während der in Ungnade gefallene Premier geschäftsführend weiter im Amt blieb. Das letzte Wort hatten die Parteimitglieder, die mehrere Wochen Zeit hatten, über die Neubesetzung des Tory-Chefsessels abzustimmen.
Johnsons Außenministerin Truss, die als ihr Vorbild die frühere Premierministerin Margaret Thatcher nennt, entpuppte sich schnell als Favoritin der Basis. Mit Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses beginnt nun der formelle Prozess der Amtsübergabe. Johnson wird am Dienstag bei Königin Elizabeth II. erwartet, um ihr offiziell seinen Rücktritt anzubieten. Anschließend soll Truss mit der Bildung einer Regierung beauftragt werden.
Truss dankte "Freund" Johnson
Die künftige britische Premierministerin Liz Truss hat nach ihrem Wahlsieg dem scheidenden Regierungschef Boris Johnson gedankt. In ihrer ersten Rede direkt nach ihrer Wahl zur Tory-Vorsitzenden nannte die 47-Jährige den Amtsinhaber einen "Freund". Johnson habe den Brexit erledigt, die Labour Party abgewehrt, für die schnelle Einführung des Coronaimpfstoffs gesorgt und sich gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin gestellt, sagte Truss am Montag in London.
Die bisherige Außenministerin zeigte sich überzeugt, dass die Ziele ihrer Partei von der Mehrheit der Briten unterstützt würden. Die Tories werden nach ihren Worten die für 2024 geplante Parlamentswahl gewinnen. "Wir werden liefern, wir werden liefern, wir werden liefern", betonte Truss. Umfragen sehen derzeit allerdings die oppositionelle Labour Party deutlich in Führung.
Innenministerin Priti Patel tritt zurück
Die britische Innenministerin Priti Patel hat kurz vor der Ernennung der neuen Premierministerin Liz Truss ihr Amt abgegeben. "Es war die Ehre meines Lebens, unserem Land als Innenministerin in den vergangenen drei Jahren zu dienen", schrieb Patel in ihrem Rücktrittsschreiben an den scheidenden Premierminister Boris Johnson am Montagabend.
Am Dienstag soll die neue Chefin der britischen Konservativen, die bisherige Außenministerin Liz Truss, Johnson an der Regierungsspitze ablösen.
Patel wird eng mit einigen der umstrittensten Reformen aus der Regierungszeit Johnsons in Verbindung gebracht. So schloss sie ein Abkommen mit der Regierung Ruandas über die Auslagerung der Schutzpflicht Großbritanniens für Asylsuchende. Der Ruanda-Pakt, der derzeit vom Londoner High Court auf seine Rechtmäßigkeit überprüft wird, sieht vor, dass illegal eingewanderte Menschen in Großbritannien unabhängig von ihrer Herkunft und ohne Prüfung ihres Asylantrags nach Ruanda ausgeflogen werden. Sie sollen dann dort ihren Antrag auf Asyl stellen. Eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht vorgesehen.
Als "frustrierend" bezeichnete Patel in ihrem Schreiben, dass Migranten den Ärmelkanal von Frankreich nach England illegal überqueren. Daher habe sie vollständig Maßnahmen wie sogenannte "Pushbacks" auf See und militärische Einsätze geprüft, schrieb sie.