Ungarns rechtsnationaler Ministerpräsident Viktor Orbán hat am Samstag an der 31. Sommeruniversität in Baile Tusnad (ung. Tusnádfürdö) im rumänischen Siebenbürgen seine traditionelle Rede vor Ungarnstämmigen gehalten. In Rumänien leben rund eineinhalb Millionen Angehörige der Volksgruppe. Die Sommeruniversität blickt auf eine mehr als 30-jährige Vergangenheit zurück, musste für zwei Jahre eine Corona-Zwangspause einlegen. 1998 trat Orbán zum ersten Mal auf.
Laute Zwischenrufe versuchten, die Orbán-Rede zu stören. Auf einem Transparent hieß es "Siebenbürgen gehört Rumänien". Die Polizei griff ein.
Kritik an USA und Europäischer Kommission
Heuer findet die Sommeruniversität unter dem Motto "Es gibt etwas Ewiges" statt. Hauptthemen der Grundsatzrede Orbáns waren der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine, EU-Sanktionen gegen Russland sowie deren Auswirkungen auf Energiesicherheit und Inflation. Orbán analysierte die Energiesituation in der Welt, kritisierte in diesem Zusammenhang die USA und die Europäische Kommission. Er betonte, der Westen hätte die Kontrolle über die Energieträger verloren, würde nur noch 35 Prozent beherrschen. Die Lage Europas bezeichnete er als doppelt schwer. Verantwortlich dafür seien die USA, so Orbán.
Zum Krieg in der Ukraine betonte Orbán erneut, "das ist nicht unser Krieg". Dieser wäre niemals ausgebrochen, wenn US-Präsident Donald Trump und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel weiter an der Macht geblieben wären, behauptete der Regierungschef. Diesen Krieg können die Ukrainer niemals gewinnen, die Sanktionen werden Russland nicht in die Knie zwingen. Der Krieg könnte nur mittels russisch-amerikanischer Verhandlungen beendet werden, betonte der Premier.
"Ukrainische Propaganda"
Die Sanktionen verglich Orbán mit einem Wagen: Wir sitzen in einem solchen Wagen, dessen Räder alle vier defekt sind. Russland werde die Nato nie angreifen, die stärker als Russland sei. Orbán wies Behauptungen zurück, dass die Russen nicht an der ukrainischen Grenze Halt machen würden, und bezeichnete diese als ukrainische Propaganda. Die Europäische Union sollte nicht an der Seite der Ukrainer stehen, sondern zwischen den Russen und den Ukrainern.
Orbán befasste sich weiters mit der globalen Wirtschaftskrise, der sich Ungarn gegenübersieht. Seine Wirtschaftserfolge könne Ungarn nur wahren, wenn sich das Land aus Krieg, Rezession, Migration heraushalten würde. Die europäische Wirtschaft drifte in Richtung "Chaos". Ungarn möchte eine lokale Ausnahme sein. Den Höhepunkt der westlichen Krise erwartet Orbán für 2030.
Wien-Besuch am Donnerstag
"Die Mär, die Sanktionen würden der Ukraine nicht helfen und Europa übermäßig schaden, hört man in Österreich nur von der FPÖ", reagierte Neos-Außenpolitiksprecher Helmut Brandstätter auf die Orbán-Aussagen. Von ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer, der Orbán am Donnerstag in Wien empfängt, forderte Brandstätter "Klartext". Nehammer dürfe bei dem Treffen "nicht nur über sein Lieblingsthema Migration reden, sondern muss Orbán klar widersprechen", so Brandstätter weiter.