Bei seinem vorerst letzten Auftritt im italienischen Abgeordnetenhaus wirkte Premier Mario Draghi eher verschlafen als gerührt, sagte dann aber ironisch: „Manchmal wird auch das Herz von Bankern weich.“ Der Abschied von der Macht ist noch keinem leicht gefallen. Donnerstagvormittag kam die offizielle Rücktrittserklärung.
Nach Draghis Rücktritt löste Staatspräsident am frühen Abend per Dekret die beiden Parlamentskammern auf, die der Ausrufung von Neuwahlen vorangeht. Die politische Situation lasse ihm keine andere Wahl, so Sergio Mattarella.
Am 25. September wird gewählt
Wenig später wurde der 25. September als Wahltermin genannt. Mit dem frühen Termin soll die künftige Regierung genügend Zeit für das bis Jahresende zu verabschiedende Haushaltsgesetz haben.
Draghi und seine Regierung werden bis zur Bildung einer neuen Regierung die Amtsgeschäfte weiterführen, der international angesehene Römer wird also nicht so schnell von der politischen Bildfläche verschwinden.
Im Frühjahr wären dann zum Ende der Legislaturperiode die regulären Parlamentswahlen angestanden. Die Regierung Draghi, die formal nicht abgewählt wurde, könnte auch noch einige bereits vorbereitete Gesetze auf den Weg bringen. Mattarella rief deshalb das Parlament zu „konstruktiver Zusammenarbeit“ auf. So ist zu hören, dass bei entsprechender Parlamentsmehrheit das 23-Milliarden-Euro-Hilfsdekret zur Unterstützung sozial schwacher Schichten und Unternehmen trotz der Krise verabschiedet werden soll.
Was die Einhaltung der Fristen für den Recovery Fund angeht, könnte die EU diese bis zur Vereidigung einer neuen Regierung einfrieren, sollte es im Parlament keine entsprechenden Mehrheiten zur Einhaltung geben.
Silvio Berlusconi, der nun wieder eine zentrale Rolle im römischen Politikbetrieb einnimmt, freut sich zusammen mit Lega-Chef Salvini auf Neuwahlen. In Umfragen führt die postfaschistische Rechts-Partei „Fratelli d’Italia“ (FdI) von Giorgia Meloni mit rund 24 Prozent. In Rom wird damit gerechnet, dass sich Berlusconi mit den Rechtspopulisten von Lega und FdI für die Wahlen verbündet.