Estland hat eine neue Regierung. Ministerpräsidentin Kaja Kallas und ihr Kabinett leisteten am Montag in Tallinn den Amtseid, nachdem sie zuvor von Staatspräsident Alar Karis formal ernannt worden waren. Kallas, sie seit Jänner 2021 als erste Frau an der Regierungsspitze des baltischen EU- und NATO-Landes steht, stützt sich nach einem Koalitionswechsel auf ein Bündnis ihrer wirtschaftsliberalen Reformpartei mit den Sozialdemokraten und der konservativen Partei Isamaa.
Die drei Parteien, von denen jede fünf Ministerposten übernimmt, haben eine Mehrheit von 55 der 101 Sitze im Parlament des Ostseestaats im Nordosten Europas. Kallas bezeichnete im Vorfeld die Sicherheit des an Russland grenzenden Estlands als Hauptaufgabe der neuen Regierung. Neben der Juristin und Tochter des früheren EU-Kommissars Siim Kallas sitzen sechs Frauen und acht Männer am Kabinettstisch.
Zeit bleibt begrenzt
Bei Schlüsselressorts setzt Kallas dabei auf Politiker mit Erfahrung: Sowohl der neue Außenminister Urmas Reinsalu als auch Verteidigungsminister Hanno Pevkur hatten zuvor bereits Regierungsämter inne. Finanzministerin des Euro-Landes mit rund 1,3 Millionen Einwohnern bleibt Keit Pentus-Rosimannus.
Das neue Kabinett wird planmäßig bis zu den Parlamentswahlen im März 2023 im Amt sein. "Die Zeit, die diese Regierung für ihre Arbeit hat, ist nicht lang, während die Probleme, die gelöst werden müssen, viel ernster als gewöhnlich sind", sagte Staatspräsident Karis nach der Ernennung der Ministerriege. "Ihre Arbeit beginnt unmittelbar nach dem Amtseid im Parlament, und Sie werden diesen Sommer keinen Urlaub bekommen."
In Estland war Anfang Juni das Regierungsbündnis aus Reformpartei und der linksgerichteten Zentrumspartei zerbrochen. Dem vorausgegangen waren Streit, Machtkämpfe und eine wochenlange politische Blockade. Kallas hatte deshalb die seit Jänner 2021 bestehende Zweierkoalition aufgekündigt und die sieben Minister der Zentrumspartei entlassen.