Das berüchtigte Ministerium für die Förderung der Tugend und die Verhütung des Lasters hatte alle TV-Journalistinnen angewiesen, ab Samstag nur noch mit bedeckten Gesichtern aufzutreten. Es setzte damit einen Erlass von Taliban-Anführer Hibatullah Akhundzada durch, wonach sich Frauen und insbesondere Behördenmitarbeiterinnen nur noch vollverschleiert in der Öffentlichkeit zeigen sollen.
Bei Missachtung der Regeln droht ihnen Entlassung. Väter, Ehemänner oder männliche Vormünder der betroffenen Frauen müssen ebenfalls mit einer Strafe rechnen – ebenso wie TV-Manager, die diese Anordnung nicht durchsetzen.
"Wir haben uns gewehrt, wir wollten keine Masken tragen", sagte die Moderatorin Sonja Niasi vom Sender TOLOnews am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP. "Aber TOLOnews wurde unter Druck gesetzt". Der Sender sollte nach ihren Angaben alle Journalistinnen versetzen oder entlassen, die – wie bisher üblich – nur mit Kopftuch auftreten. "Wir waren daraufhin gezwungen, Mund und Nase zu bedecken." TOLOnews-Direktor Chpolwak Sapai bestätigte Niasis Angaben. "Uns wurde gesagt: 'Ihr müsst es tun. Es gibt keinen anderen Weg'", sagte Sapai. "Ich wurde gestern angerufen und mit deutlichen Worten aufgefordert. Wir tun es nicht freiwillig."
Keine Filme mit Frauen mehr
Aus Solidarität mit den Moderatorinnen trugen männliche Journalisten und Mitarbeiter von TOLOnews am Sonntag in den Büros ebenfalls Gesichtsmasken, wie ein AFP-Korrespondent berichtete. Andere Mitarbeiterinnen des Senders ließen derweil ihre Gesichter weiterhin unverhüllt. Auf Anordnung der Behörden haben die Fernsehsender bereits aufgehört, Filme und Serien zu zeigen, in denen Frauen eine Rolle spielen.
Die radikalislamischen Taliban hatten nach ihrer Machtübernahme in Kabul Mitte August eine moderatere Regierung als während ihrer Herrschaft zwischen 1996 und 2001 versprochen. In den vergangenen Monaten wurden jedoch zahlreiche Freiheiten von Frauen etwa in der Bildung und auf dem Arbeitsmarkt beschnitten. Vereinzelt hatten afghanische Frauen gegen die Restriktionen demonstriert, doch gingen die Taliban hart dagegen vor.