Es gibt Segmente, in denen kann kein mitteleuropäischer Politiker Janez Janša das Wasser reichen. Etwa dann, wenn es um Kriegserfahrung und -rhetorik geht. Als Russland die Ukraine überfallen hat, war der Regierungschef des Nato- und EU-Landes Slowenien unter den Ersten, die scharfe Worte fanden, beim Solidaritätsbesuch in Kiew war er überhaupt die Nummer eins. Mit dem Ausflug an die Front schaffte er auch eine Debatte aus der Welt, die den 63-Jährigen wohl möglich im Wahlkampf eingeholt hätte: Seine Nähe zum deklarierten Putin-Freund Viktor Orbán, dessen Mediennetzwerk längst auch Janša bedient. Interview-Anfragen zum Thema ignorierte er einfach.

Auch in Sachen Beharrlichkeit und Wandelbarkeit ist Janša ein Solitär. Seit der Staatswerdung steht er in wechselnden Rollen in der Politik, kämpfte sich nach einer Haftstrafe – das Urteil wegen Korruption wurde aufgehoben, ein neues erging wegen Verjährung nicht – zurück. Fürsprecher hat Janša in Wirtschaftskreisen. Ob es – bei einem durchaus möglichen – ersten Platz am Wahlsonntag eine vierte Amtszeit für ihn geben könnte, ist offen. Zumindest derzeit gibt es keinen deklarierten Koalitionspartner für Janša, zudem ist offen, wie stark die Impfgegner abschneiden.

Am anderen Ende des Parteienspektrums steht Robert Golob. Mit seinen wallenden grauen Locken ist er nicht nur optisch das krasse Gegenteil von Janez Janša. Er ist es auch in seinen politischen Ideen, etwa wenn er von einem Plan für erneuerbare Energien für Slowenien spricht.
Dass der 55-Jährige aus Nova Gorica als Neuling auf der staatspolitischen Bühne beste Chancen hat, Premierminister zu werden, ist keine Neuheit in Slowenien. Mit Miro Cerar, Marjan Sarec und Zoran Janković gab es im letzten Jahrzehnt schon dreimal ähnliche Phänomene – ohne nachhaltigen Erfolg.

Cerar stieg 2014 als politischer Kommentator in den Ring, gewann haushoch, war bis 2018 Ministerpräsident und anschließend noch zwei Jahre Außenminister. Nun ist er zurück auf dem Lehrstuhl der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Ljubljana. Im Gespräch mit der Kleinen Zeitung bringt er die zentrale Frage des politischen Stils in diesem Wahl-Duell auf den Punkt: „Will man jemanden, der demokratisch agiert, viele Gespräche führt, um zu neuen Lösungen zu gelangen, oder baut man auf jemanden, der weiterarbeitet, und nimmt dafür eine autokratische Praxis in Kauf?“

Golob traut man nun diese demokratische Führungsrolle zu. Dass er in die Politik geht, hat vielleicht sogar Janša selbst zu verantworten. Bis zum Herbst stand Golob an der Spitze des größten slowenischen Energieversorgers, dass sein Mandat endete, wird der Regierung zugeschrieben. Zwei Jahre war Golob als Staatssekretär bereits Teil der slowenischen Regierung, zudem war er mit einer Namensliste Stadtrat in seiner Heimatstadt. Nun hat er für seine Kandidatur eine außerparlamentarische Grün-Gruppierung in eine Freiheitsbewegung umbenannt. Einen Dämpfer gab es in der Wahlbewegung: Vor wenigen Tagen infizierte sich Golob mit dem Coronavirus und musste mehrere Termine absagen.

Präsidentschaftswahlen im Herbst

Übrigens: Weil nach den Wahlen ja auch vor den Wahlen ist, gibt es von Cerar keine dezidierte Wahlempfehlung. Auf Nachfrage sagt er lediglich: „Wir sind ein Land in Europa und sollten uns dort einbringen. In meinem Kopf ist somit klar, wen ich wählen werde.“ Auch um eine andere Antwort macht er einen Bogen: Plant er ein politisches Comeback bei den slowenischen Präsidentschaftswahlen im Herbst, wenn der Amtsinhaber Borut Pahor nicht mehr antreten kann? „Ich lese das auch immer wieder“, lacht Cerar. Vermutlich wartet er noch die politische Richtungsentscheidung am Sonntag ab.