Was vor Wochen noch undenkbar war, scheint jetzt Realität zu sein: Die EU unterstützt die ukrainische Armee im Kampf gegen die russische Invasion mit einer halben Milliarde Euro für Waffenlieferungen, darüber hinaus werden auch Kampfjets aus Beständen ihrer Mitgliedsländer zur Verfügung gestellt. Aber kann ein hochkomplexes System wie ein Kampfflieger so einfach während eines Konflikts ohne Training an Piloten eines anderen Landes weitergereicht werden?

Das ist freilich nur dann möglich, wenn es sich um ein Muster handelt, mit dem die ukrainischen Piloten schon vertraut sind. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat bei der EU speziell um Jets russischer Bauart angefragt, daher kommen theoretisch also nur die Hersteller MiG (-29) und Sukhoi (Su-25 und -27) infrage. "Da die Ukraine bereits die MiG-29 betreibt, könnten ihre Luftwaffen-Piloten sofort eine MiG-29 ohne großes Traing fliegen", behauptet der pensionierte General der US-Airforce Herbert J. Carlisle im Magazin "Defense One". In der Regel ist eine längere Typeneinschulung notwendig, bevor Piloten in ein für sie fremdes Cockpit steigen.

Unbestätigten Quellen zufolge soll Polen bereits einige seiner 30 weitgehend modernisierten MiG-29 "Fulcrum" ins Nachbarland transferiert haben. Auch die Slowakei und Bulgarien (Su-25 oder MiG-29) dürften demnach Flugzeuge ihrer Flotten liefern, die genaue Größenordnung ist noch nicht bekannt. Die Slowakei verfügt zwar nur noch über rund zehn einsatzfähige MiG-29, diese sind laut dem Fachportal "The Aviationíst" aber am ehesten für das benötigte Einsatzspektrum geeignet. Und das liegt wohl nicht im direkten Luftkampf mit den weitaus überlegenen Kampfjets der russischen Armee, sondern in Luftangriffen auf nachrückende russische Bodentruppen und deren Versorgungslinien. Fraglich ist jedoch, von wo aus die Kampfjets operieren sollen, da die ukrainischen Militärflugbasen durch russische Luftangriffe weitgehend zerstört wurden.

Ein weiteres Problem: Dort, wo die Flugzeuge noch eine wichtige Rolle in ihren Heimatländern spielen - etwa zur Luftraumüberwachung - müssten wohl die Nato-Partner für vorübergehenden Ersatz sorgen.