In Polen sind nach Regierungsangaben seit Beginn der russischen Invasion in die Ukraine 115.000 Flüchtlinge aus dem Nachbarland angekommen. Wegen der langen Staus auf der ukrainischen Seite der Grenze habe man sich entschieden, an allen Grenzpunkten auch einen Übergang für Fußgänger zu öffnen, so Polens Vize-Innenminister Pawel Szefernaker am Samstag am Grenzübergang Medyka-Schehyni. Es handelt sich hauptsächlich um Frauen mit Kindern sowie Männer im nichtwehrfähigen Alter.
Auf der ukrainischen Seite der Grenze hätten sich lange Staus gebildet. Die Abfertigung der Flüchtlinge dort werde auch dadurch langsamer, weil es durch die Kriegssituation zu Ausfällen im Computersystem des ukrainischen Grenzschutzes komme, hatte Szefernaker zuvor dem öffentlich-rechtlichen Sender TVP gesagt. Polen sei in der Lage, täglich bis zu 50.000 Flüchtlinge aus der Ukraine an der Grenze abzufertigen. Flüchtlinge am Grenzübergang Medyka-Schehyni berichteten laut einer dpa-Reporterin von stundenlangen Wartezeiten auf der ukrainischen Seite auch für Menschen, welche die Grenze zu Fuß überqueren wollen.
In der Slowakei wurde unterdessen die "Ausnahmesituation" ausgerufen. Damit soll der Zustrom von Flüchtlingen aus dem Nachbarland besser bewältigt zu können. Diese Notmaßnahme erlaubt es der Regierung, rasch besondere Zivilschutzmaßnahmen zu ergreifen, ohne vorher das Parlament damit befassen zu müssen. Beispielsweise dürfen Mitarbeiter staatlicher Institutionen so auch außerhalb ihrer planmäßigen Dienstzeiten zu Einsätzen verpflichtet werden.
Im Unterschied zu einem "Ausnahmezustand" werden dabei aber die Grundrechte der Bürger nicht eingeschränkt. Im Grunde ändere sich durch die Maßnahme nicht viel, weil schon bisher eine "Ausnahmesituation" in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie in Kraft gewesen sei, erklärte der konservative Regierungschef Eduard Heger.
Flüchtlinge in den Nacharländern
In Rumänien trafen bis Samstag früh nach Behördenangaben mehr als 30.000 Flüchtlinge aus der Ukraine ein. Vor allem an den nordrumänischen Grenzübergangspunkten Siret und Sighetu Marmatiei, aber auch beim östlichen Grenzpunkt Isaccea schwillt der Treck an Kindern, Frauen und Senioren, die vor dem Krieg und den russischen Invasoren fliehen, im Stundentakt an.
Die Flüchtlinge werden von Behörden und zahlreichen Hilfsorganisationen in Empfang genommen. Hunderte Freiwillige aus dem ganzen Land sind an allen nord- und ostrumänischen Grenzübergängen anwesend, um die eintreffenden Ukrainer mit Wasser und Lebensmitteln, Süßigkeiten und Plüschtieren für die Kinder zu versorgen.
Die Zahl der Flüchtlinge, die im östlichsten deutschen Bundesland Brandenburg angekommen sind, ist bis dato gering. An der deutschen Grenze zu Polen wurde bisher eher wenig Verkehr aus der Ukraine festgestellt. Brandenburg hat die längste Grenze aller Bundesländer zu Polen. Die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Eisenhüttenstadt nahm bis Samstagmittag nach eigenen Angaben sechs Geflüchtete auf. Eine ukrainische Familie traf in Brandenburg/Havel ein.