Bei Protesten gegen den Einmarsch in die Ukraine sind in Russland nach Angaben von Aktivisten fast 1400 Menschen festgenommen worden. Die Menschenrechtsorganisation OVD-Info registrierte nach eigenen Angaben bis Donnerstagabend mindestens 1391 Festnahmen in 51 russischen Städten, davon allein mehr als 700 in der Hauptstadt Moskau und mehr als 340 in der zweitgrößten Stadt St. Petersburg. Auf dem Moskauer Puschkin-Platz beobachten AFP-Journalisten dutzende Festnahmen.
Die russische Oppositionsbewegung ist in den vergangenen zwei Jahren jedoch deutlich geschwächt worden. Die wichtigsten Anführer wurden inhaftiert oder ins Exil getrieben. Auch das Projekt OVD-Info, das politische Verfolgung in Russland dokumentiert, geriet ins Visier der Behörden.
Auch die Oppositionelle Marina Litwinowitsch wurde festgenommen, wie sie bestätigte. "Ich bin auf dem Weg nach Hause festgenommen worden", schrieb sie im Messengerdienst Telegram. In St. Petersburg wurden rund 20 Demonstrierende festgenommen.
Die in Moskau lebende Litwinowitsch hatte ihre Landsleute zuvor zu Protesten gegen den Angriff aufgerufen. "Heute um 19 Uhr in die Zentren unserer Städte. Russen sind gegen Krieg!", schrieb sie in einem Facebook-Eintrag. "Wir werden dieses Chaos in den kommenden Jahren beseitigen. Nicht nur wir. Sondern auch unsere Kinder und Enkelkinder."
Kritik an dem von Präsident Wladimir Putin angeordneten Angriff kam auch von der Bewegung "Fridays for Future" in Russland. "In einer Situation, in der die Welt unter Klima-, Umwelt- und anderen Krisen leidet, wird ein Krieg diese Krisen nur verschlimmern, aber nicht zu ihrer Lösung beitragen", schrieben die Aktivistinnen und Aktivisten auf Twitter. "In unserer Zeit müssen alle Konflikte durch Diplomatie gelöst werden und nicht durch das Blut von Zivilisten in anderen Ländern." Sie sicherten den ukrainischen Mitstreitern "unsere Solidarität und Unterstützung" zu.
Behörden warnten vor Protesten
Russische Behörden hatten zuvor die Menschen im eigenen Land vor Protestaktionen gewarnt. "Aufgrund der angespannten außenpolitischen Lage" werde in sozialen Netzwerken zu nicht genehmigten Kundgebungen aufgerufen, teilten Ermittlungskomitee, Innenministerium und Moskaus Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit. Das Innenministerium drohte mit Festnahmen. Russische Sicherheitskräfte sind bekannt dafür, oft mit Härte gegen oppositionelle Demonstranten vorzugehen.
Der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny hatte den russischen Einmarsch in die Ukraine am Donnerstag scharf kritisiert. "Ich bin gegen diesen Krieg", sagte er. Bei dem "Krieg zwischen Russland und der Ukraine" handle es sich um ein Manöver des Kreml, um von den innenpolitischen Problemen in Russland abzulenken.
Proteste in Warschau und Paris
Unterdessen haben vor den russischen Botschaften in Warschau und Paris am Donnerstag jeweils Hunderte Menschen gegen den russischen Großangriff auf die Ukraine demonstriert. "Putin Mörder", "Stoppt den Krieg gegen die unabhängige Ukraine", "Warschau ist solidarisch mit der Ukraine" stand auf Schildern und Transparenten.
Die Demonstranten, unter ihnen auch zahlreiche in Polen lebende Ukrainer, schwenkten ukrainische, polnische und EU-Fahnen. Sie verurteilten den russischen Angriff und forderten eine geschlossene Reaktion des Westens. Autofahrer bekundeten ihre Solidarität mit der Ukraine durch ein Hupkonzert.
Vor der russischen Botschaft in Paris skandierten die Demonstrantinnen und Demonstranten "Stoppt Putin, stoppt den Krieg". Auf einigen Plakaten war "Kein Krieg" oder "Putin Ukraine 2022, Hitler Polen 1939" zu lesen. Die Menschen schwenkten die gelb-blaue Fahne der Ukraine und sangen ein ukrainisches Lied aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. An der Demonstration in Paris nahmen kurzzeitig auch die Präsidentschaftskandidatin der Linken, Christiane Taubira, und der grüne Kandidat Yannick Jadot teil.
Vor dem Brandenburger Tor in Berlin protestierten rund hundert Menschen. Auch sie forderten auf Plakaten ein sofortiges Ende des russischen Angriffs auf die Ukraine. Vor dem Kanzleramt breiteten Demonstranten eine riesige ukrainische Fahne aus. Die Bewegung "Fridays for Future" rief für kommenden Sonntag zu einer Kundgebung in Berlin gegen den Krieg auf.
Auch in anderen europäischen Städten wie Brüssel, Den Haag sowie im südfranzösischen Nizza gingen zahlreiche Menschen auf die Straße, um gegen den russischen Einmarsch in der Ukraine zu demonstrieren.
Auch in Wien und Salzburg wurde gegen den russischen Angriff auf die Ukraine demonstriert.