Die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten werden am Freitag zu einer Sondersitzung zu Russlands Krieg gegen die Ukraine in einer Videokonferenz zusammenkommen. Eine Entsendung von Nato-Truppen in die Ukraine sei aber nicht geplant, erklärte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag.
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Russland greife die Ukraine aus verschiedenen Richtungen an und attackiere militärische Infrastruktur und wichtige Ballungszentren, so Stoltenberg am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Brüssel. Das Vorgehen mit Luft- und Raketenangriffen, Bodentruppen und Spezialkräften gefährde das Leben unzähliger unschuldiger Zivilisten. Die Allianz werde alles Erforderliche tun, um ihr Territorium zu schützen. Mehr als 100 Kampfjets seien in Alarmbereitschaft, um den Luftraum des Nato-Gebiets zu überwachen.
"Wir müssen mit neuer Entschlossenheit und noch stärkerer Einheit reagieren", kündigte der Norweger nach einem Krisentreffen der Nato-Botschafter an. Die Truppen an der Ostflanke des Bündnisses sollen zudem verstärkt werden. "In den kommenden Tagen und Wochen werden noch mehr (Soldaten) kommen", sagte er zu Reportern. In die Ukraine, das dem Militärbündnis nicht angehört, sollen dagegen keine Truppen entsandt werden. "Wir haben keine Pläne, Nato-Truppen in die Ukraine zu schicken", so Stoltenberg. "Wir tun etwas Defensives." Die Nato aktivierte auch ihre Verteidigungspläne, um schnellere Truppenbewegungen zu ermöglichen.
Verteidigungspläne für Osteuropa
Die Nato aktivierte angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine die Verteidigungspläne für Osteuropa. Der Oberbefehlshaber der Nato-Streitkräfte bekommt damit weitreichende Befugnisse, um zum Beispiel Truppen anzufordern und zu verlegen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag aus Bündniskreisen.
In der Erklärung der Mitgliedsstaaten wird aber betont, alle Maßnahmen seien und blieben "präventiv, verhältnismäßig und nicht eskalierend". Der Nato-Oberbefehlshaber in Europa hatte angesichts der Spannungen mit Russland bereits in der vergangenen Woche die Bereitschaftszeiten für mehrere Zehntausend Bündnissoldaten drastisch verkürzt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Nato-Kreisen müssen Kräfte der schnellen Eingreiftruppe NRF jetzt innerhalb von nur 7 statt innerhalb von 30 Tagen verlegt werden können. Für weitere Truppenteile gilt eine sogenannte "Notice-to-Move"-Frist von 30 statt von 45 Tagen.
Bereits vor einigen Woche hatte der Oberbefehlshaber die "Notice-to-Move"-Frist für die schnellste Eingreiftruppe VJTF erhöht. Dies bedeutet, dass die zugehörigen Soldaten derzeit innerhalb von höchstens fünf Tagen bereit für eine Verlegung in ein Krisengebiet sein müssen. Die VJTF wäre die erste Truppe, die an die Ostflanke verlegt werden würde.
Länder in der Region reagieren
Auch einige Nachbarländer der Ukraine haben bereits reagiert. Das Land grenzt im Westen an Polen, die Slowakei und Ungarn, im Süden an Rumänien und Moldawien und im Norden an Belarus (Weißrussland).
- Moldawien hat seinen Luftraum aufgrund des russischen Großangriffs auf die Ukraine geschlossen. "Die Flüge werden auf andere Flughäfen umgeleitet", erklärte Vize-Regierungschef Andrej Spinu am Donnerstag im Online-Dienst Telegram. Er begründete die Entscheidung mit "der Situation in der Region".
- Das Verteidigungsministerium von Belarus teilte mit, der Luftraum über dem Grenzgebiet zur Ukraine sei für die zivile Luftfahrt gesperrt worden. Die Ukraine hatte bereits kurz nach Mitternacht (Ortszeit) "wegen des hohen Sicherheitsrisikos" ihren Luftraum geschlossen.
- Die Slowakei schickte einem Medienbericht zufolge bis zu 1500 Soldaten an ihre Grenze zur Ukraine. Sie sollten bei der Aufnahme von Flüchtlingen helfen, berichtet die Nachrichten-Website dennikN. Außerdem sei die Slowakei auf einen deutlichen Anstieg von Einreisen vorbereitet.
NATO wird laut Scholz alle ihre Mitglieder verteidigen
Deutschlands Kanzler Olaf Scholz hat die Entschlossenheit der NATO betont, eine Ausweitung des von Russland begonnen Krieges gegen die Ukraine zu verhindern. "Putin sollte die Entschlossenheit der NATO nicht unterschätzen, alle ihre Mitglieder zu verteidigen", so Scholz in einer TV-Ansprache. Von den NATO-Staaten grenzen die drei baltischen Staaten, Polen und Norwegen an Russland. Die NATO ist bereits dabei, ihre Streitkräfte im östlichen Bündnisgebiet zu verstärken.
Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine gebe es nun einen Krieg, "wie wir ihn in Europa seit mehr als 75 Jahren nicht erlebt haben", sagte Scholz am Donnerstag, der seine Ansprache vor den Fahnen Deutschlands, der Europäischen Union und der Ukraine hielt. Alleine Putin habe sich für den Krieg entschieden, nicht das russische Volk.
Scholz forderte Putin erneut auf, seine Truppen aus der Ukraine zurückzuziehen. Die von der EU geplanten Sanktionen würden die russische Wirtschaft hart treffen. "Putin wird nicht gewinnen", betonte der Kanzler.
Der russische Präsident wolle die Zeit zurückdrehen. "Aber es gibt kein Zurück in die Zeit des 19. Jahrhunderts, als Großmächte über die Köpfe kleinerer Staaten hinweg entschieden", sagte Scholz. "Es gibt kein Zurück in die Zeit des Kalten