Der Westen hat nach der Anerkennung der ostukrainischen Rebellenrepubliken durch Moskau erste Sanktionen gegen Russland verhängt. Ungewissheit, die der Kreml seit Monaten verbreitet, quält auch die eigene Wirtschaft.
Die USA verbieten ab 1. März den Kauf russischer Staatsobligationen vollständig, dazu alle Geschäfte mit der der staatlichen Wneschekonombank (WEB) sowie der Promswjasbank, Hausbank der russischen Rüstungsindustrie. Zudem fror Washington Aktiva enger Putin-Gefolgsleute und ihrer Verwandten ein. Großbritannien setzte fünf russische Banken und drei kremlnahe Milliardäre auf die Sanktionsliste. Deutschland legte die Gaspipeline Nord Stream 2 auf Eis. Die EU verkündete Strafmaßnahmen gegen 27 russische Beamte, Institutionen und Banken, die an der Aggression gegen die Ukraine beteiligt seien.
Der Westen droht, das "erste Sperrfeuer", wie es der britische Premier Boris Johnson nennt, zu verschärfen, sollte Russland seine Aggression fortsetzen.
Der Kreml reagiert demonstrativ gelassen, aber auch angriffslustig: "Auf die Sanktionen wird es eine starke Antwort geben", verlautbarte das russische Außenministerium zu den US-Strafmaßnahmen. "Nicht unbedingt symmetrisch, aber ausgewogen und spürbar für die amerikanische Seite." Kein Sanktionspressing sei imstande die Entschlossenheit Russlands zu beeinflussen, seine Interessen fest zu vertreten. "Sie haben einfach keine anderen Möglichkeiten, uns aufzuhalten", so Außenamtssprecherin Maria Sacharowa, selbst auf der EU-Sanktionsliste.
Mehr Unruhe herrscht in Russlands Wirtschaftskreisen: "Die Sanktionen gegen die WEB sind unangenehm", sagt Waleri Mironow, Finanzexperte der Moskauer Hochschule für Wirtschaft. Die Regierung betrachte die WEB als Stab sowie als Geldgeber ihrer Wirtschaftsreformen und nationalen Großprojekte. Jetzt müsse der Staat sie mit Haushaltsgeldern unterstützen. Laut Mironow profitiert der Fiskus immerhin von krisenbedingt hohen Rohstoffpreisen. "Statt 75 Dollar kostet ein Barrel Öl jetzt an die 95." Auf das Jahr umgerechnet seien das 30 Milliarden Dollar "Spannungsprämie" für die russische Ölbranche. Solche Mehreinnahmen dämpfen die Sanktionen.
Geschäftsleute fürchten weniger die Folgen bekannter Strafmaßnahmen, als das, was noch kommen könnte: Laut Reuters drohen auch anderen russischen Geldhäusern Sanktionen, die sie vom internationalen Zahlungsverkehr abschalten. In den Branchen kursiert Angst vor Lieferverboten für Smartphones, Mikrochips und weitere Hightech-Ersatzteile. Selbst ein Umstieg Europas auf Amerika als Hauptgaslieferant wird debattiert.
Es ist Nervosität, die viel Geld kostet; seit Jahresbeginn haben Russlands 23 reichste Geschäftsleute laut Bloomberg 32 Milliarden Dollar verloren, ihr Gesamtvermögen soll jetzt noch 343 Milliarden betragen. Die Moskauer Börsen taumeln, der Rubel auch: Gestern kostete ein Dollar wieder über 80 Rubel. Der Rubel ist laut Bloomberg die instabilste Währung der Welt.
unserem Korrespondenten Stefan Scholl aus Moskau