Die NATO-Mitgliedsstaaten wollen angesichts der Spannungen zwischen der Ukraine und Russland ihre Militärpräsenz in Osteuropa stärken. Die Truppen der NATO-Staaten würden in Bereitschaft versetzt und man entsende weitere Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge in den Osten, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Montag. Die USA und Großbritannien reduzieren unterdessen ihre Botschaftspräsenz in Kiew.
„Die NATO wird alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um unsere Verbündeten zu schützen und zu verteidigen. Das schließt auch die Verstärkung des östlichen Teils unserer Allianz mit ein“, sagte Stoltenberg weiter. Die Ukraine ist kein NATO-Mitglied, aber mehrere ihrer westlichen Nachbarländer sind es.
Zuvor hatte ein russischer Politiker betont, dass Moskau „angemessen reagieren“ werde, falls die USA mehr Soldaten nach Osteuropa und in die baltischen Staaten schicken. Der Abgeordnete Andrei Kartapolow ist der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des russischen Parlaments. Er reagierte damit auf einen Bericht der „New York Times“, wonach die Entsendung von US-Soldaten sowie von Kriegsschiffen und Flugzeugen zu NATO-Verbündeten im Raum stehe.
USA und Großbritannien reduzieren Botschaftspräsenz in Kiew
Währenddessen ziehen Washington und London nicht unmittelbar benötigte Beschäftigte aus Kiew ab. Angehörige von Diplomaten seien zudem zur Ausreise verpflichtet worden, teilten die Außenministerien mit. Es handle sich bei den Maßnahmen die US-Botschaft betreffend um „Vorsichtsmaßnahmen“, sagte eine hochrangige Beamtin des US-Außenministeriums. Auf die Frage, warum diese Entscheidung ausgerechnet jetzt getroffen worden sei, verwies das Ministerium auf die Warnung des Weißen Hauses aus der vergangenen Woche, wonach es jederzeit zu einem Einmarsch Russlands in die Ukraine kommen könne.
Die Europäische Union sieht im Gegensatz dazu derzeit keinen Grund dafür, Botschaftspersonal und Familienangehörige von Diplomaten zur Ausreise aus der Ukraine aufzufordern. „Ich denke nicht, dass wir dramatisieren müssen“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag am Rande eines EU-Außenministertreffens in Brüssel. Solange noch Verhandlungen mit Russland liefen, glaube er nicht, dass man die Ukraine verlassen müsse.
Auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock betonte, dass das deutsche Botschaftspersonal und deren Angehörige vorerst in Kiew blieben. Die Lage werde natürlich permanent evaluiert, sagt Baerbock vor Beratungen der EU-Außenminister in Brüssel. Die Sicherheit der Mitarbeiter habe „oberste Priorität“. Es dürfe aber nicht zu einer weiteren Verunsicherung der Lage in der Ukraine kommen, was etwa auch negative Auswirkungen auf Investitionen zur Folge hätte.
Die Ukraine bezeichnete die Reduzierung des US-Botschaftspersonals in Kiew als „übertriebene Vorsicht“. „Wir halten einen solchen Schritt der amerikanischen Seite für verfrüht“, teilte das Außenministerium am Montag in der Hauptstadt Kiew mit. Die Sicherheitslage habe sich „nicht grundlegend verändert“.
Auf die Frage, ob die USA US-Soldaten in die Ukraine im Falle einer Invasion schicken würden, hatte US-Außenminister Antony Blinken am Sonntag ausweichend reagiert. Die NATO selbst werde weiterhin in erheblichem Maße gestärkt werden, falls Russland erneute Aggressionen verübe, sagte er. US-Präsident Joe Biden hatte eine Entsendung von US-Soldaten in die Ukraine zuvor ausgeschlossen. Die USA unterstützen die Ukraine mit militärischem Material. Aktuell sind dem Pentagon zufolge weniger als 200 Militärs der Nationalgarde von Florida in der Ukraine im Einsatz.
Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches in der Nähe der Ukraine wird im Westen befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in das Nachbarland planen könnte. Für möglich wird allerdings auch gehalten, dass nur Ängste geschürt werden sollen, um die NATO-Staaten zu Zugeständnissen bei Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen. Erklärtes Ziel Russlands ist es etwa, dass die NATO auf eine weitere Osterweiterung verzichtet und ihre Streitkräfte aus östlichen Bündnisstaaten abzieht. Die NATO, aber auch die EU lehnen diese Forderungen als inakzeptabel ab.