Knapp zehn Monate nach der Parlamentswahl hat der niederländische König Willem-Alexander die neue Regierung des Landes vereidigt. Das vierte Kabinett des rechtsliberalen Ministerpräsidenten Mark Rutte (54) legte am Montag im Palast Noordeinde in Den Haag den Eid ab. Die Koalitionsregierung war nach den längsten Koalitionsverhandlungen der Landesgeschichte zustande gekommen.

Die linksliberale Finanzministerin und Vizepremier, Sigrid Kaag, musste wegen einer Corona-Infektionen den Eid per Videoverbindung ablegen. Rutte ist seit mehr als elf Jahren Regierungschef. Seine VVD wird die kommenden drei Jahre gemeinsam mit der linksliberalen D66, der christdemokratischen CDA und der ChristenUnion regieren. Sie bildeten bereits in der vorigen Legislaturperiode eine Koalition. Die vier Parteien hatten im Dezember nach schweren Verhandlungen ein Koalitionsabkommen vorgelegt. Danach soll unter anderem eine Rekordsumme in Klimaschutz, Wohnungsbau und Sozialpolitik investiert werden. Fast die Hälfte des Kabinetts besteht aus Frauen. Das gab es in dem Land noch nie.

Ein Jahr nach der Kinderbeihilfen-Affäre

Die Regierung ist auf Stimmen der Opposition angewiesen, denn in der Ersten Kammer des Parlaments hat die Koalition keine Mehrheit. Die neue Regierung muss zudem mehrere Krisen bewältigen. Das Land ist schwer von der Corona-Pandemie getroffen, und die Kritik an der Politik und dem harten Lockdown nimmt zu. Weiterer Schwerpunkt ist die Reform der Landwirtschaft. Premier Rutte versprach, mit "neuem Elan" die Probleme anzugehen und Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Nach mehreren Affären sank das Vertrauen der Bürger nach Umfragen auf einen Tiefstwert von etwa 30 Prozent.

Vor fast genau einem Jahr trat die Regierung Rutte wegen einer Affäre um Kinderbeihilfen zurück - kurz vor der geplanten Parlamentswahl am 17. März. Zehntausende Eltern waren jahrelang von der Steuerbehörde fälschlicherweise des Betrugs beschuldigt worden und mussten oft Zehntausende Euros an Beihilfen zurückzahlen. Die Entschädigungskosten belaufen sich für den Staat auf mehr als fünf Milliarden Euro. Nach der Wahl hatte Rutte zudem mit Unwahrheiten im Parlament knapp ein Misstrauensvotum überstanden. Er hatte versucht, einen kritischen Abgeordneten aus dem Parlament wegzuloben und darüber gelogen.