Die frühere deutsche Familienministerin Franziska Giffey (SPD) ist neue Regierende Bürgermeisterin von Berlin. Die 43-Jährige erhielt am Dienstag im Abgeordnetenhaus 84 von 139 Stimmen und führt nun einen rot-grün-roten Senat. Sie löst ihren Parteifreund Michael Müller ab, der nach sieben Jahren im Roten Rathaus in den Bundestag wechselte. Nach ihrer Wahl wurde Giffey vereidigt.
Die SPD stellt neben der Regierungschefin vier Senatoren, Grüne und Linke je drei. Mit sieben Frauen und vier Männern ist der Senat so weiblich wie noch nie. Am frühen Abend will sich die Regierungsmannschaft zu ihrer ersten Sitzung treffen. SPD, Grüne und Linke regieren in Berlin bereits seit 2016 gemeinsam, im neuen Senat überwiegen indes neue Gesichter. Der Koalitionsvertrag für die kommenden fünf Jahre war am 29. November vorgestellt worden. Anschließend hatten Parteitage von SPD und Grünen mit großer Mehrheit zugestimmt, die Linken sagten bei einem Mitgliederentscheid "Ja".
Berlin bekommt nun erstmals eine Regierende Bürgermeisterin – und zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung ein aus der DDR stammendes Stadtoberhaupt. Allerdings ist Giffey nicht die erste Frau, die die Geschicke der Stadt leitet. Denn 1947/1948 amtierte die SPD-Politikerin Louise Schroeder kommissarisch als Oberbürgermeisterin im Nachkriegs-Berlin. Giffey hat bereits eine steile politische Karriere hinter sich. Binnen weniger Jahre stieg sie von der Bildungsstadträtin im Berliner Bezirk Neukölln über das Amt der Bezirksbürgermeisterin zur Bundesfamilienministerin auf. Im Mai trat sie im Zuge einer Plagiatsaffäre, die sie den Doktortitel kostete, als Ministerin zurück.
Als Spitzenkandidatin bei der Abgeordnetenhauswahl fuhr Giffey zwar mit 21,4 Prozent das historisch schlechteste Ergebnis für die Berliner Sozialdemokraten ein. Gleichzeitig sicherte sie der SPD aber den Wahlsieg vor Grünen, CDU, Linken, AfD und FDP.
Nach teils großen Problemen bei den Wahlen in Berlin legten unterdessen mehr als 30 Privatleute, Behörden, Parteien sowie Kandidatinnen und Kandidaten Einspruch ein. Sie rügen demnach etwa die lange Wartezeit in einigen Wahllokalen, das Fehlen von Stimmzetteln oder falsche Stimmzettel und, dass auch nach 18 Uhr noch gewählt wurde. Wie der Gerichtshof am Dienstag mitteilte, wird nun eine umfassende Prüfung vorbereitet. Erst danach könne über die Einsprüche entschieden werden.
Die Probleme in vielen Wahllokalen in Berlin hatten bundesweit für Aufsehen gesorgt. Dazu zählten Verzögerungen beim Zusenden von Briefwahlunterlagen, falsche oder fehlende Stimmzettel, eine zeitweise Unterbrechung des Wahlgeschehens in Lokalen oder lange Schlangen vor Wahllokalen. Mehrere Hundert Wahllokale hatten länger geöffnet als üblich. Die Frist für Einsprüche war Ende November abgelaufen. Einspruch kam auch von der Landeswahlleiterin und von der Senatsinnenverwaltung.