Die Tochter von Kreml-Kritiker Alexei Nawalny hat stellvertretend für ihren inhaftierten Vater den Sacharow-Preis für Demokratie und Menschenrechte im Europaparlament entgegengenommen. „Obwohl es toll ist, hierherzukommen, ist es wahrscheinlich auch genau so, wie der schlimmste Alptraum von meiner Familie und mir aussieht“, sagte Daria Nawalnaja am Mittwoch in Straßburg. Wenn sie im Namen ihres Vaters Reden halte, bedeute dies, dass er weiterhin im Gefängnis sitze.
Zugleich verwies sie auf das Schicksal politischer Aktivisten, denen große Preise verliehen wurden: „Wo sind die Preisträger des letzten Jahres – die weißrussische Opposition – jetzt? Größtenteils im Gefängnis.“ Auch der Friedensnobelpreisträger und chinesische Dissident Liu Xiaobo sei im Gefängnis gestorben. EU-Parlamentspräsident David Sassoli würdigte bei der Verleihung der mit 50.000 Euro dotierten Auszeichnung „die Entschlossenheit, mit der Alexei Nawalny für die Menschenrechte und Grundfreiheiten kämpft“.
Der 45-jährige Oppositionelle Nawalny ist einer der größten Widersacher von Russlands Staatschef Wladimir Putin. Er sitzt seit Anfang des Jahres in Russland in Haft und wurde im Februar wegen angeblicher Verstöße gegen Bewährungsauflagen zu mehr als zwei Jahren Lagerhaft verurteilt. Das EU-Parlament fordert seine sofortige Freilassung.
Die Vergabe des renommierten Sacharow-Preises an Nawalny dürfte vom Kreml als Affront aufgefasst werden. Die Beziehungen zwischen Russland und den westlichen Staaten sind derzeit wegen des Aufmarsches von russischen Truppen an der Grenze zur Ukraine besonders angespannt.