Im Streit um die Rechtsstaatlichkeit hat Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki die EU davor gewarnt, versprochene Gelder für sein Land zurückzuhalten, und dabei von einem "Dritten Weltkrieg" gesprochen. "Wenn sie den Dritten Weltkrieg beginnen, werden wir unsere Rechte mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen", sagte Morawiecki der britischen Zeitung "Financial Times" (Montag).
Er schloss auch nicht aus, dass Warschau wichtige EU-Vorhaben wie das Klima-Paket blockieren könnte. Hintergrund des aktuellen Streits ist ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts, nach dem wesentliche Teile des EU-Rechts nicht mit Polens Verfassung vereinbar sind. Diese Entscheidung wird von der EU-Kommission und etlichen anderen Staaten als höchst problematisch angesehen, weil sie der nationalkonservativen PiS-Regierung einen Vorwand geben könnte, ihr unliebsame Urteile des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu ignorieren.
Außerdem steht Warschau schon seit Jahren wegen der Reform des polnischen Justizwesens in der Kritik. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat angekündigt, milliardenschwere EU-Corona-Hilfen für Polen solange zu blockieren, bis das Land bestimmte Justizreformen zurückgenommen hat.
Die EU-Kommission verstoße gegen europäisches Recht, indem sie die Corona-Hilfen für sein Land weder genehmige noch ablehne, sagte Morawiecki. Polen sei bereit, auf dieses Geld zu warten. "Je später wir es bekommen, desto größer ist der Beweis für diese diskriminierende Behandlung und die diktat-ähnliche Vorgehensweise der EU-Kommission." Morawiecki erwähnte in dem Interview auch die Vergabe sogenannter Kohäsionsmittel gegen wirtschaftliche und soziale Ungleichheit in den EU-Staaten.
Morawiecki warf der EU-Kommission nun in dem Interview vor, sie stelle "mit einer Pistole an unserem Kopf" Forderungen an sein Land. Damit spielte er darauf an, dass die Behörde finanzielle Sanktionen gegen Polen vor dem EuGH beantragt hat, weil die Disziplinarkammer zur Bestrafung von Richtern trotz einer anderslautenden EuGH-Entscheidung weiter arbeitet. Polens Regierungschef kündigte nun erneut die Auflösung der umstrittenen Disziplinarkammer an.
Ein Sprecher der EU-Kommission sagte am Montag, man kommentiere Interview-Äußerungen nicht. Grundsätzlich stellte er aber klar, dass die Europäische Union mit großem Erfolg zu dauerhaftem Frieden zwischen den Mitgliedstaaten beigetragen habe. Für Kriegsrhetorik im Verhältnis zwischen den EU-Ländern oder zwischen Mitgliedstaaten und EU-Institutionen sei kein Platz.
Der ÖVP-Europaabgeordnete Lukas Mandl twitterte in Hinblick auf Morawieckis Aussagen: "Dieses Verhalten ist völlig jenseitig." Man dürfe nicht vergessen, "dass wir das alles für die Bürger" Polens machen. "Sie verdienen rechtsstaatliche Strukturen. Niemals darf eine Regierung mit einer solchen Sprache (!) etwas erreichen", forderte Mandl eine "Abrüstung der Worte".