Der Oberste Gerichtshof der USA hat das weitgehende Abtreibungsverbot in Texas zunächst in Kraft gelassen. Der Supreme Court in Washington setzte am Freitag aber für den 1. November eine Anhörung zu dem umstrittenen sogenannten Herzschlag-Gesetz an. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden hatte beantragt, das texanische Gesetz, das Abtreibungen etwa ab der sechsten Schwangerschaftswoche verbietet, umgehend außer Kraft zu setzen.
Es sei nämlich "eindeutig verfassungswidrig", argumentierte das Weiße Haus. Das Gesetz gilt seit Anfang September. Anfang Oktober hatte ein Bundesrichter einem Eilantrag der Regierung von Präsident Biden stattgegeben und das Abtreibungsgesetz per einstweiliger Verfügung vorübergehend außer Kraft gesetzt. Ein Berufungsgericht hob diese Entscheidung aber in der Folge auf. Damit trat das Gesetz in dem konservativ geprägten Bundesstaat im Süden der USA wieder in Kraft.
Herzschlag-Gesetz
Das strengste Abtreibungsgesetz der USA verbietet Schwangerschaftsabbrüche ab dem Zeitpunkt, zu dem der Herzschlag des Fötus festgestellt werden kann, also etwa ab der sechsten Schwangerschaftswoche. Viele Frauen wissen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, dass sie schwanger sind. Selbst im Fall einer Vergewaltigung oder bei Inzest sieht das texanische Gesetz keine Ausnahmen vor.
Aufhetzung
Für Empörung sorgt auch, dass nicht die texanischen Behörden die neuen Regelungen durchsetzen sollen, sondern Privatleute. Bürger werden ermutigt Menschen zu verklagen, die sie verdächtigen, Frauen bei einer Abtreibung nach der sechsten Woche geholfen zu haben. Neben Abtreibungskliniken und deren Mitarbeitern könnte dies auch Verwandte oder einen Taxifahrer treffen, der eine Schwangere zur Klinik gebracht hat. Die Hinweisgeber erhalten im Falle einer Verurteilung 10.000 Dollar (8.619,20 Euro).
Das Abtreibungsrecht ist eines der in den USA am meisten umkämpften gesellschaftlichen Themen. Der Supreme Court hatte 1973 in seinem Grundsatzurteil "Roe v. Wade" das grundsätzliche Recht von Frauen auf einen Schwangerschaftsabbruch verankert. Frauenrechtsaktivisten befürchten aber, dass die Verfassungsrichter dieses Grundsatzurteil kippen oder beschneiden könnten, wenn sie sich am 1. Dezember mit einem Abtreibungsgesetz des Bundesstaates Mississippi befassen werden.