Es war ein umfassendes Sesselrücken, mit dem Boris Johnson vorige Woche versuchte, neuen Schwung in sein Regierungsteam zu bringen – und dazu gehört ein neues Gesicht im Außenamt in London: Elizabeth „Liz“ Truss löst Dominic Raab an der Spitze des Außenministeriums ab. Raab hatte das Chaos in Kabul recht unbeteiligt vom Urlaub aus beobachtet und damit für Unmut gesorgt.
Truss, Ökonomin und zuletzt Handelsministerin, gilt als Liebling der konservativen Basis und hat bei dieser zuletzt auch mit einer harten Linie beim Brexit gepunktet. Erst kürzlich wieder machte sie die jahrzehntelange britische EU-Mitgliedschaft für eine angeblich „zu defensive“ Haltung der Briten in der Welt verantwortlich.
„Verständlicherweise haben wir nach 50 Jahren in der protektionistischen EU vergessen, welche Handelsmacht wir waren“, so die Ministerin. Die 46-Jährige gilt als gute Managerin und soll jetzt Johnsons Vision eines „globalen Großbritannien“ umsetzen. „Truss soll zeigen, dass der Brexit funktioniert“, kommentierte die Londoner „Times“ ihren Auftrag.
Die neue Chefdiplomatin hat bereits klargestellt, sie werde die britische Außenpolitik vorrangig an den ökonomischen Interessen des Landes ausrichten. Das Entwicklungshilfe-Budget soll eingesetzt werden, um die britischen Exporte zu fördern. Und China gegenüber möchte Truss, im Duett mit den USA, eine „harte Kante“ zeigen. Der umstrittene „Indopazifische Sicherheitspakt“ und U-Boot-Deal mit Australien geht bereits in diese Richtung. Über Regierungserfahrung verfügt Truss reichlich – sie war bereits Umweltministerin, Justizministerin und Lordkanzlerin. Zuvor saß sie im Parlament.
Manche kritisieren, Johnson habe die Chance versäumt, jemanden zu ernennen, der angesichts der Reibungsflächen mit Brüssel auch einmal versöhnlichere Töne angeschlagen hätte. Doch die Entscheidung für Truss macht deutlich: London wird am bisherigen konfrontativen Kurs in der Brexit-Frage festhalten.