Im Mittelpunkt der Gespräche standen vor allem die Evakuierungen aus Afghanistan sowie die Corona-Pandemie. Sowohl Kurz als auch Merkel betonten vor Journalisten, sie setzten auf humanitäre Hilfe, damit afghanische Flüchtlinge "in der Nähe ihrer Heimat" versorgt werden können, wie die Kanzlerin es formulierte.
Der Bundeskanzler betonte, Österreich habe die humanitäre Hilfe in der Region "aufgestockt, wie wir es noch nie getan haben". Man leiste einen "überproportional großen Beitrag". Gleichzeitig sei man "in intensivem Kontakt mit den Vertretern der (an Afghanistan, Anm.) angrenzenden Staaten" über die Versorgung von Flüchtlingen. In der Frage einer möglichen Asylgewährung an afghanischen Flüchtlinge in Österreich selbst verwies Kurz jedoch erneut auf die Flüchtlingsaufnahme im Jahr 2015: "Wir haben pro Kopf gerechnet die viertgrößte afghanische Community weltweit." Seine Haltung zu dieser Frage sei "bekannt".
Merkel unterstrich erneut die Bereitschaft ihrer Regierung, sogenannte Ortskräfte aus Afghanistan nach Deutschland zu bringen, falls sich diese unter der neuen Herrschaft der radikal-islamischen Taliban bedroht fühlten. Diese würden dann auch in Deutschland umgehend ein Aufenthaltsrecht bekommen - ohne Asylverfahren, betonte sie. Über etwaige Kontingente gebe es jedoch noch "keine Beschlüsse". Sie sei außerdem vom Leiter des UNO-Flüchtlingshochkommissariates (UNHCR), Filippo Grandi, dahin gehend informiert worden, dass das große Problem derzeit die Binnenflüchtlinge innerhalb Afghanistans darstellten.
Bundeswehr half
Die deutsche Bundeswehr hatte nach der Machtübernahme der radikal-islamischen Taliban in Afghanistan Mitte August den österreichischen Behörden bei der Evakuierung von österreichischen Staatsbürgern und Personen mit Aufenthaltsrecht in Österreich aus Kabul geholfen.
Kurz wird am Nachmittag in Berlin auch die deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) treffen, wo ebenfalls vor allem das Thema Afghanistan erörtert wird. Im Rahmen der Kooperation zwischen den EU-Mitgliedstaaten arbeite man nach Abzug der ausländischen Truppen bei Evakuierungen auf dem Landweg weiterhin zusammen, sagte ein Sprecher des Kanzlers im Vorfeld auf Anfrage der APA. Der letzte US-Soldat hatte Dienstagfrüh das Land am Hindukusch verlassen.
Thema Corona
Zum Thema Corona betonten Merkel und Kurz die Wichtigkeit, die Menschen in ihren Ländern von der Bedeutung der Schutzimpfung zu überzeugen. Auf eine Journalistenfrage, ob Österreich im Winter für Touristen eine Impfpflicht andenke, betonte Kurz: "Wir fühlen uns mit der 3G-Strategie gut vorbereitet auf den Wintertourismus." Es gebe in Österreich eine große Anzahl von Test-Angeboten, auch für Touristen, unterstrich er. "Aber je mehr Menschen geimpft sind, desto besser", sagte der Kanzler.
Als Abschiedsgeschenk zum Ende ihrer politischen Karriere als Kanzlerin brachte Kurz der musikbegeisterten Merkel eine Dauereinladung für die Salzburger Festspiele auf Lebenszeit mit, sagte ein Sprecher gegenüber der APA. Außerdem erhielt sie eine CD-Box, die zum 100. Jubiläum des Festivals 2020 erschienen ist. Merkel tritt nach der Bundestagswahl Ende September nach 16 Jahren als deutsche Regierungschefin ab.